: UNO evakuiert kurdische Flüchtlinge im Nordirak
■ Awacs-Flugzeuge informieren angeblich türkische Militärs / US-Verteidigungsminister gegen Pufferzone / Sechs Deutsche in Türkei festgesetzt
Sacho/Washington (AFP/AP/ dpa) – Rund tausend Kurden haben gestern mit einem Konvoi des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) die Region Sacho im Nordirak verlassen. Sie flüchteten vor der türkischen Armee, die vor einer Woche in das Gebiet einmarschiert war. Im Raum Sacho leben etwa 4.500 türkische Kurden, die in den Nordirak geflohen waren. Der Konvoi soll in das 160 Kilometer südöstlich gelegene Atrusch fahren. Dort sind bereits 9.000 Flüchtlinge untergebracht.
Am Wochenende konzentrierten sich die Kämpfe zwischen türkischer Armee und PKK laut türkischen Berichten auf die Region um den Berg Metina. Die türkische Luftwaffe bombardierte demnach drei Ortschaften. Dabei soll ein Zivilist ums Leben gekommen sein. Ein türkischer Kommandeur erklärte, die Armee habe ein 8.400 Quadratkilometer großes Gebiet umzingelt, um es von kurdischen Rebellen zu „säubern“.
Die türkische Zeitung Cumhuriyet vermeldete gestern, US-amerikanische Awacs-Aufklärungsflugzeuge würden die türkischen Militärs mit Informationen versorgen. Die Flugzeuge kontrollieren im Rahmen der UN-Mission „Hoffnung geben“ den nordirakischen Luftraum, um Übergriffe der irakischen Truppen auf irakische Kurden zu verhindern. Laut Cumhuriyet geben die US-Militärs ihre Informationen an den Nato- Partner Türkei weiter. So sei die türkische Armee vor dem Einmarsch über Stellungen der PKK informiert worden.
Erstmals seit Beginn der Offensive hat sich ein Mitglied der US- Regierung gegen eine türkisch kontrollierte Pufferzone im Nordirak ausgesprochen. Eine dauerhafte Stationierung türkischer Soldaten im Nordirak sei unannehmbar, erklärte Verteidigungsminister William Perry am Freitag. Washington erwarte den schnellen Abschluß der Offensive.
In der Türkei herrschen darüber offenbar andere Zeitvorstellungen. Präsident Süleyman Demirel erklärte am Samstag, die Offensive könne nicht innerhalb von Tagen oder Wochen abgeschlossen werden. Er glaube jedoch nicht, „daß es länger als ein Jahr dauern wird“. Außenminister Murat Karayalcin meinte, eine langfristige Lösung könne in einer Autonomie für den Nordirak liegen. Die Türkei sei deswegen mit kurdischen Gruppen und mit Bagdad in Kontakt.
Türkische Soldaten haben am Samstag bei Cizre nahe der Grenze zum Irak sechs Deutsche und einen Belgier unter dem Vorwurf der Zusammenarbeit mit der PKK festgesetzt. Das Auswärtige Amt forderte die Türkei auf, die Gruppe freizulassen, die zur Beobachtung des kurdischen Newroz- Festes an die Grenze reisen wollte.
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