: Sechs Bremer wieder auf freiem Fuß
Deutsche Delegation, die in der Südosttürkei festgenommen worden war, kommt heute in Frankfurt an / Video- und Filmmaterial wurden von den türkischen Behörden beschlagnahmt ■ Von Dora Hartmann
Bremen (taz) – Die sechsköpfige Bremer Delegation, die von den türkischen Sicherheitsbehörden im südosttürkischen Cizre festgehalten wurde, ist seit gestern wieder auf freiem Fuß. Das Frankfurter Koordinationsbüro Newroz erklärte, das habe die Gruppe telefonisch aus Cizre berichtet. Die Deutschen hätten aber weder ihren beschlagnahmten Videorecorder noch ihren Computer, Fotoapparate sowie 30 Filme von den türkischen Behörden zurückerhalten. Die Delegation sei nun auf dem Weg nach Ankara. Am Dienstag würden die sechs Delegationsmitglieder im Alter zwischen 20 und 28 Jahren in der Bundesrepublik zurückerwartet. Die türkischen Sicherheitsbehörden hatten den Deutschen Zusammenarbeit mit der Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, vorgeworfen. Ein Sprecher der Gruppe hatte dies jedoch wiederholt zurückgewiesen.
Bis gestern mittag waren die sechs BremerInnen mehrfach verhört worden. Während dieser Verhöre habe man sie auch geschlagen, erklärten die sechs gegenüber der Presse. Gestern nachmittag hatte sich auch das Auswärtige Amt für die Freilassung der Gruppe eingesetzt.
Die vier StudentInnen, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bremer Universität und ein Krankenpfleger waren am 16. März im Auftrag der SPD-Bundestagsabgeordneten Angelika Graf in den Südosten der Türkei gestartet. Zusammen mit 16 weiteren internationalen Delegationen wollten sie Informationen über die Lebensbedingungen kurdischer Menschen in der Region sammeln und die Newroz-Feierlichkeiten beobachten, bei deren Verlauf es bereits in den vergangenen Jahren zu massiven Menschenrechtsverletzungen gegenüber KurdInnen gekommen war.
Alle 16 Delegationen wurden wie schon 1994 während ihrer Arbeit von den türkischen Behörden stark behindert. Erst am Sonntag war eine Gruppe von fünf Journalisten – ein Brite und vier Türken – in Cizre verhaftet worden. Sie wurden am gleichen Tag wieder freigelassen, ihr gesamtes Material wurde allerdings beschlagnahmt. Ebenso erging es einer süddeutschen Delegation und einer international besetzten Gruppe aus Mainz.
Auch den BremerInnen wurde im Laufe der jüngsten Verhöre unmißverständlich erklärt, daß sie die inzwischen von den Sicherheitsbehörden entwickelten 30 Filme nicht würden mitnehmen dürfen. Warum, erklärt sich aus den Beobachtungen der Gruppe: Sie berichtet über „riesige Flüchtlingssiedlungen am Rande der Städte, in denen die aus den Dörfern vertriebenen Kurden und Kurdinnen nun leben“, von unterernährten Kindern, Menschen, die deportiert werden, zerstörten Dörfern.
Die zur Zeit politisch brisanteste Beobachtung aber dürfte sein: „Wir haben viele Schützenpanzer BTR-60, die eindeutig aus Deutschland stammen, in Richtung Operationsgebiet im Nordirak fahren sehen“, erklärte Delegationsmitglied Torsten Müller der Presse. Damit wäre entgegen den mehrfachen Versicherungen der türkischen Ministerpräsidentin Tansu Çiller und des bundesdeutschen Außenministers Kinkel anhand von Bildmaterial belegt gewesen, daß beim Vorstoß des türkischen Militärs in die UN-Schutzzone im Norden Iraks deutsche Waffen zum Einsatz kommen.
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