: Von Berlin bezahlte Anwälte?
■ Senat hebt Abschiebestopp für Kurden auf / Betreuung vereinbart
Leider kein Aprilscherz: Am 1. April wird der bisher geltende Abschiebestopp für Kurden aus der Türkei aufgehoben. Das hat der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen gestern bestätigt. Künftig sollten dann aber Einzelfallprüfungen möglich sein. Eckhardt Barthel, ausländerpolitischer Sprecher der SPD und an den Koalitionsverhandlungen in dieser Frage maßgeblich beteiligt, meint hingegen, daß „jeder einzelne Fall über den Schreibtisch von Heckelmann gehen wird“. Der SPD-Abgeordnete hätte „natürlich lieber einen weiterhin geltenden Abschiebestopp“, sah in der Großen Koalition dafür aber keine Chancen mehr. Dafür hätten die Sozialdemokraten ausgehandelt, daß vor allem bei den Kurden, die aus einer der zehn als gefährlich eingestuften Provinzen kommen, eine besonders intensive Prüfung vorgenommen werde.
Auch eine andere Neuerung hat die SPD dem Innensenator laut Barthel abringen können: Bei einer Abschiebung wollen die Behörden vorher mit einer türkischen Menschenrechtsorganisation Kontakt aufnehmen, die sich um die rechtsstaatliche Behandlung des Abgeschobenen kümmern soll. Außerdem soll eine anwaltliche Betreuung garantiert werden. „Gegebenenfalls wird ein Anwalt von Berlin bezahlt“, verspricht der SPD-Politiker. Wenn diese Garantien eingehalten und nicht wieder von den türkischen Behörden torpediert werden, dann wäre das eine bemerkenswerte Neuerung. Was aber, wenn die Menschenrechtsverletzungen wie gewohnt weitergehen? „Falls ein aus Berlin abgeschobener Kurde gefoltert werden sollte, dann entsteht hier eine ganz neue Lage“, so Barthel.
Der SPD-Mann rechnet im übrigen in keinem Fall damit, daß ab 1. April Massenabschiebungen beginnen. Erstens brauchten die Behörden einige Wochen, um sich auf das neue Verfahren einzustellen. Zweitens habe der Innensenator selbst von derzeit 38 Fällen gesprochen, die zur Abschiebung anstünden. Ute Scheub
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