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Italiens Raucher erklären der Justiz den Krieg

■ Verbot von Nikotinkonsum in allen Behörden bringt auch Antiprohibitionisten in Rage

Rom (taz) – Anläufe gab's schon viele. Mancher Minister, der's versucht hat, hat schon längst das Zeitliche gesegnet, doch das Laster hat ihn überlebt, auch wenn noch alte Schilder „Vietato fumare“ in Amtsstuben herumhängen nebst einem detaillierten Verzeichnis der Strafandrohungen bei Zuwiderhandeln (umgerechnet meist zwischen 15 und 50 Mark). Es half nichts: Immer wieder haben sie sich durchgesetzt, die Zigarettenglimmer und Pfeifenschmaucher.

Nun aber ist die Gerichtsbarkeit offenbar fest entschlossen, aufs Ganze zu gehen. Bereits vor einigen Wochen hatte ein oberitalienischer Arbeitsrichter klagenden Nichtrauchern recht gegeben, die von ihren Kollegen Enthaltsamkeit am Arbeitsplatz oder von ihrer Firma die Einrichtung von extra Nichtraucher-Produktionseinheiten gefordert hatten. Jetzt setzt ein fürs ganze Land geltender Urteilsspruch des Verwaltungsgerichts Lazium neue Akzente: auch in allen Büros und dort, wo Menschen gezwungen sind, hinzugehen, ist Rauchen künftig untersagt.

Betroffen davon wären zum Beispiel auch Mensen, Restaurants und gar die Espresso-Bars, in denen die große Mehrheit zumindest der männlichen Italiener bekanntlich mindestens fünfmal am Tag vorzufinden ist: zum Frühstück, zur Kaffeepause, vor dem Antritt der Nachmittagsarbeit, zur Brotzeit und dann noch einmal nach dem Abendessen.

Entsprechend knurrig reagiert denn auch die Raucher-Gemeinde: Es sei ein „typischer Akt von Prohibitions-Illusionären“, schimpft Marco Pannella von der Radikalen Partei, die sich seit Jahren für die Freigabe von Haschisch einsetzt, und „man werde bewußt gegen das Verbot verstoßen, damit eine Prozeßlawine auslösen, die unbewältigbar ist, so daß dieser dämliche Spruch aufgehoben wird“.

Mit ähnlich markigen Äußerungen ziehen die Barbesitzer zu Felde: „Ich werde keinen Raucher hinauswerfen, dafür aber jeden Polizisten, der das Rauchverbot durchsetzen will“, kündigt Gianni von der Bar dello sport in Borgo Hermada an: „Vertreib' ich die Raucher, bleiben auch die Kartenspieler und ihre Kiebitze weg. Dann kommen auch die Fußballzuschauer nicht mehr nach der Partie zu mir, und dann kann ich zumachen. Da leg' ich mich lieber gleich mit der Obrigkeit an.“ Trotzig hat Gianni schon ein Schild „Rauchen erlaubt“ bestellt.

Eine gewisse Chance haben die Raucher allerdings noch: Das Urteil kann angefochten werden. Und vielleicht, so hoffen die Raucher, Kneipenbesitzer und Antiprohibitionisten, stößt man ja in der nächsten Instanz auf Oberrichter, die selbst gern mal eine rauchen. Werner Raith

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