: Der Staat als Beute
■ betr.: „Die grüne Reformpartei braucht Macht, aber welche?“, taz vom 16. 3. 95
Die weitgehend zutreffende professorale Analyse läßt sich doch so einfach wie treffend in wenige Sätze fassen. Die Landtagsgruppe der Grünen im Hessischen Landtag hat die moralische und soziale Dimension von Politik der taktischen Macht- und Pfründeerhaltungsstrategie untergeordnet. Kassandren wie Jutta Ditfurth, die prophezeiten, daß diese Realpolitik politische Moral zur disponiblen Handels- oder Kungelware verkommen lassen würde, haben auf traurige Art und Weise recht behalten.
Beim gierigen Schielen nach klassischen Ressorts werden Rassismus im Knast, eine schlimme Ausländerpolitik, eine katastrophale, asoziale Rechtspolitik, eine defizitäre Naturschutzpolitik (so der BUND) und eine gierige Finanzpolitik geflissentlich übersehen. Lehrerstellen sollen fallen, aber fünf Vizepräsidenten des Landtages werden gebraucht, damit man die Staatskarossen mit Chauffeuren und zusätzlichen Pfründen ausstatten kann. Daß Altparteien den Staat als Beute betrachten, haben wir lange kritisiert, daß die Grünen das jetzt perfektionieren, ekelt nur noch!
Die grüne Reformpartei muß sich von der Basis her erneuern, sich auf ihre Wurzeln besinnen, sonst verkommt sie weiter auf ein Niveau, das dann in der Tat die Wahl von Kanther nicht länger als Schreckgespenst erscheinen läßt! Peter Milberg, Schwalmstadt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen