: Nach fünffachem Mord noch ohne heiße Spur
■ Vietnamesen-Mord: Innensenator will abschieben, Polizeipräsident widerspricht
Nach der brutalen Ermordung fünf vietnamesischer Staatsbürger in Marzahn macht Innensenator Heckelmann (CDU) Stimmung und hat die Bundesregierung zu schnellem Handeln aufgefordert. Mit der Regierung in Hanoi müsse endlich eine Vereinbarung getroffen werden, die es erlaube, straffällig gewordene Vietnamesen abzuschieben. Der Senator betonte, daß alles darauf hindeute, daß die Morde auf das Konto rivalisierender Banden der Zigaretten-Mafia gehen. Der pauschalen Verurteilung widersprach Polizeipräsident Hagen Saberschinsky. Die Mehrzahl der legal hier lebenden ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter sei nicht in das Geschäft verstrickt.
Zu den Hintergründen des fünffachen Mordes am vergangenen Mittwoch im Wohnheim in der Marzahner Havemannstraße konnte die Polizei keine näheren Angaben machen. Wie Polizeipräsident Saberschinsky mitteilte, sei es mittlerweile gelungen, vier der fünf Mordopfer zu identifizieren. Einer der Toten sei als Händler registriert gewesen.
Hinter dem illegalen Zigarettenhandel ortete Saberschinsky einen „Ausbund organisierter Kriminalität“. Schleuserorganisationen hätten seit 1990 Vietnamesen in die Bundesrepublik gebracht. Die meist hochverschuldeten Vietnamesen könnten ihren illegalen Aufenthalt hier nur über den illegalen Handel mit Schmuggelzigaretten finanzieren.
Nach Einschätzung der Zollfahnder seien die Banden nach verschiedenen Regionen in Vietnam organisiert. Auf der obersten Ebene, so Saberschinsky, sei das Geschäft aber längst in den Händen polnischer, tschechischer und russischer Mafiosi. Nur auf der mittleren und unteren Ebene seien vietnamesische Staatsangehörige tätig.
Wie lukrativ der Handel mit den steuerfreien Zigaretten sei, könne man an der „unendlichen Brutalität“ ermessen. Allein seit Anfang 1994 wurden neun Fälle versuchten oder vollendeten Mords oder Totschlags registriert, in denen Vietnamesen Opfer waren. Sieben davon seien aufgeklärt worden. Auch regelrechte Hinrichtungen habe es gegeben, bei denen das Opfer vorher hinknien mußte. In anderen Fällen seien den Opfern Hände abgehackt worden. Peter Lerch
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