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Nicht irgendein nebulöses Verdienst

■ Lob den Sozialwissenschaften: In Hamburg wurde der Amalfi-Preis vergeben

Drei Jahre lang ist der „Europäische Amalfi-Preis für Soziologie und Sozialwissenschaften“ nicht mehr vergeben worden, und nun hat ihn ein Amerikaner bekommen – Charles Tilly für seine historisch-soziologische Studie über „Europäische Revolutionen: 1492-1992“. Das Buch, heißt es in der Begründung des internationalen Preiskomitees, sei „bemüht, Geschichte und Soziologie miteinander zu verbinden. Die historische Soziologie erlebt mit diesem Buch eine Renaissance.“ Das Buch ist im letzten Jahr gleichzeitig in vier europäischen Verlagen (C.H. Beck, Critica, Seuil, Laterza) in der Reihe „Europa bauen“ erschienen. Es ist das erste, das von Tilly auf deutsch vorliegt. Zu den Hauptwerken des Sozialhistorikers zählen sprechende Titel wie „As Sociology meets History“ (1981) und „Big Structures, Large Processes, Huge Comparisons“ (1985). Ein Sonderpreis für Nachwuchswissenschaftler geht an den Soziologen Christoph Braun für sein Buch über „Max Webers Musiksoziologie“.

Der Preis ist hierzulande bislang nicht sehr bekannt, obwohl die Reihe von Preisträgern, in der Tilly sich vorfindet, sich sehen lassen kann – Norbert Elias (1987), Serge Moscovici (1988), Zygmunt Bauman (1989), M. Rainer Lepsius (1990) und Louis Dumont (1991). Prämiert wird beim Amalfi-Preis nicht irgendein nebulöses Verdienst, sondern eine herausragende Publikation – was die Entscheidung leichter nachvollziehbar (oder auch anfechtbar) macht als bei jedem anderen vergleichbaren Verfahren.

Auch dies wird das „Hamburger Institut für Sozialforschung“ bewogen haben, die Sache zu unterstützen. So wird nun der Amalfi- Preisträger in Hamburg bekanntgegeben (zur Preisverleihung trifft man sich weiterhin in Süditalien), was ganz nebenbei ein kleines Tauschgeschäft bedeutet, in dem, mit Pierre Bourdieu zu sprechen, kulturelles Kapital (vulgo Renommee) gegen Bares über den Tisch geht. Das dürfte jedenfalls ein Kalkül der Hamburger sein, die ihrem noch recht jungen Institut durch den Preis einen Hauch von Wissenschafts-Establishment verpassen. Diesmal hat es noch nicht richtig funktioniert, jedenfalls wenn man das magere Interesse der Presse zugrunde legt – Abgesandte von taz und Welt sahen sich mit der heiklen Aufgabe konfrontiert, ein Publikum zu simulieren.

Die Institutionen, die da zusammengekommen sind, gehören beide in den Sozialwissenschaften zu den Independents – ein Zustand, der offenbar peinlich gewahrt bleiben soll: Jan Philipp Reemtsma, Vorstand und Finanzier des Hamburger Instituts, gehört nicht zum Preiskomitee. jl

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