: Kandidatin für linke Themen mit ökologischer Sauce
■ In Frankreich bleibt Dominique Voynet als einzige grüne Präsidentschaftsanwärterin übrig / Daniel Cohn-Bendit wirft ihr verfehlte Politik vor
Paris (taz) – Seit gestern hat die französische Umweltbewegung nur noch eine Kandidatin bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen: die 36jährige Dominique Voynet von „Les Verts“. Nachdem Brice Lalonde, ehemals Umweltminister der Sozialisten, seine Kandidatur zurückgezogen hatte, hielt der fundamentalistische Ökopolitiker Antoine Waechter bis zum bitteren Ende durch. In der Nacht zum Mittwoch scheiterte er am Auswahlverfahren: Ihm fehlten rund 40 der nötigen 500 „Patenschaften“ von gewählten Amtsträgern, die bis Mitternacht eingereicht werden mußten. Waechter, der sich selbst als einzig wahrer „écolo“ sieht und seinen politischen Standort als „weder rechts noch links“ beschreibt, erklärte sein Scheitern mit strukturellen Problemen. Angesichts der verwirrenden Konkurrenz der beiden konservativen Kandidaten hätten es viele Bürgermeister vorgezogen, keine „Patenschaften“ zu übernehmen.
„Les Verts“ hingegen, von denen sich Waechter vor wenigen Monaten trennte, um seine „unabhängigen Umweltschützer“ zu gründen, machen die Kampagne ihres Konkurrenten für dessen Scheitern verantwortlich. Waechter habe zu sehr auf sein Medienimage und zu wenig auf eine Basis im Land gesetzt.
Doch auch die linke Voynet, die ihre 500 „Patenschaften“ bereits vor Wochen in der Tasche hatte, mußte gestern Schläge einstecken. Daniel Cohn-Bendit, Realo der deutschen Grünen warf ihr in einem Interview mit der Tageszeitung Libération vor, sie mache eine „Kampagne für Alte wie mich“. Sie greife die traditionellen linken Themen auf und versehe sie mit einer „ökologischen Sauce“, anstatt von vornherein ihre Unterstützung für den Kandidaten der Sozialisten im zweiten Wahlgang zu erklären. Laut Cohn-Bendit, der eine zentrale Rolle im Pariser Mai 1968 gespielt hat, leiden die französischen Grünen an der „Krankheit der Linken“: Sobald sie uneins sind, spalten sie sich. „Les Verts“ reagierten empfindlich. „Dany“ sei bekannt für offene Worte, sagte ihr Sprecher Yves Cochet zur taz, aber offenbar habe er nicht genügend Informationen über die französischen Verhältnisse. Die Umweltbewegung Frankreichs ist auf etwa zehn nationale Organisationen verteilt, von denen „Les Verts“ mit rund 4.000 Mitgliedern die größte ist. Nach dem Wegfall von Waechter rechnet Voynet nun mit rund fünf Prozent der Stimmen. Angesichts der Prognosen ist das ziemlich optimistisch. Vor dem zweiten Wahlgang will sie den Sozialisten „Fragen“ stellen und – je nach Antwort – zu ihrer Wahl aufrufen. Dorothea Hahn
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