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Einigung im Fischereikrieg

Galgenfrist für den Heilbutt vor Neufundland / Fischer sprechen von „Genickschuß für den Sektor“ / Spanische Flotte hat nun Marokko im Visier  ■ Aus Madrid Reiner Wandler

Der „Heilbuttkrieg“ ist nach fünf Wochen zu Ende. Am Ostersonntag unterschrieben die Europäische Union (EU) und Kanada ein Abkommen, das die Fangquoten und deren Überwachung für die nächsten Jahre festschreibt. 41 Prozent der von der Nordatlantischen Fischereiorganisation (Nafo) festgelegten 27.000 Jahrestonnen gehen zukünftig an die EU, Kanada erhält 38 Prozent – davon zwei Drittel innerhalb und ein Drittel außerhalb der eigenen 200-Meilen-Zone. Die restlichen 21 Prozent gehen an Drittländer wie Polen und Rußland.

Bis auf Portugal werden alle EU-Mitgliedsstaaten der Einigung zustimmen. Fischereikommissarin Emma Bonino und der spanische Fischereiminister Luis Atienza zeigten sich zufrieden. Das Abkommen sei „das beste aller möglichen“. Nicht so die betroffenen Reeder und die Fischereigewerkschaft CIG. Der Vertrag sei „Verrat“ und die in ihm festgelegten Fangquoten kämen „einem Genickschuß für den Sektor“ gleich. Protestaktionen in den nächsten Tagen sollen den Unmut zum Ausdruck bringen.

Das Abkommen stellt die internationale Rechtslage wieder her. Ottawa verzichtet auf Kontrollen außerhalb der 200-Meilen-Zone. Um dennoch die Einhaltung des Abkommens zu überprüfen, müssen Flotten von mehr als zehn Schiffen zukünftig einen Kontrolleur an Bord nehmen. Ab nächstem Jahr werden die Aktivitäten vor Neufundland per Satellit überwacht. Die nötigen technischen Erneuerungen auf den Booten werden nach Ende der Fangsaison im Heimathafen vorgenommen.

Laut Spaniens Fischereiminister Atienza sei es damit gelungen, Kanadas Ansprüche auf eine ausschließlich für die eigene Flotte reservierte Zone zurückzuweisen. Auch in Sachen Fangquote schätzt er das Abkommen positiv ein. Nach schwierigen Verhandlungen habe die EU 11.000 Jahrestonnen durchgesetzt. Die Quoten lägen weit über den 1.600 Tonnen 1991 und den 6.000 1992. Für Fischer in Vigo ist dies kein Trost. Sie ziehen die letzten zwei Jahre zum Vergleich heran, in denen sie jeweils knapp 40.000 Tonnen Heilbutt mit einem Jahresumsatz von 2 Milliarden Mark an Land zogen.

Brüssels Fischereikommissarin Bonino ruft zur Besonnenheit. Auch wenn es schmerzt, müsse sich die EU im Interesse der kommenden Generationen mehr als bisher dem Artenschutz verschreiben: „Es gibt zu viele Fischer für zu wenige Fische.“ Angesichts der für Ende des Monats bevorstehenden Fischereiverhandlungen mit Marokko will sie ebenfalls keine übertriebenen Hoffnungen wecken: „Unsere Flotte aus Vigo hat sich daran gewöhnt, in Entwicklungsländern ihrer Arbeit nachzugehen. Diese Länder sind dabei, ihre eigene Flotte auszubauen, um ihre eigenen Bestände zu nutzen.“ Der Konflikt mit Kanada ist vom Tisch, das Thema Fischereiwirtschaft wird die EU allerdings noch länger begleiten.

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