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■ StandbildEin virtuoser Minimalist / "Gerd Ruge unterwegs - Teil 1: Burgen, Banken und Ruinen"

„Gerd Ruge unterwegs – Teil 1: Burgen, Banken und Ruinen“, Montag, 21.45 Uhr, ARD. Zweiter Teil: heute 21.45 Uhr

Ostern mal wieder zu Hause geblieben. Wie in den Jahren zuvor vergeblich Hasen und Eier gesucht, sich den päpstlichen Segen eingepfiffen, Staumeldungen im Radio gehört und der Auferstehung des Fleisches applaudiert. Ha, und trotzdem im Ausland gewesen! Auf Goethe gehört und Osterspaziergang gemacht. Mit Gerd Ruge durch den europäischen Osten getingelt. Mit'm Lastkahn die Elbe raufgeschippert, Tschechen getroffen, deren Wochenendhaus neuerdings im Ausland liegt, in der verschneiten Tatra ein Schwein geschlachtet, an Andy Warhols Wiege am Fuße der Karpaten Norma Jean im Stickrahmen bestaunt, mit 'nem Bummelzug ins Ukrainische geschaukelt, Mütterchen mit Schmuggel-Wodka erwischt, zum Spaß (würg) Speck gefuttert, und dann in Lwow (vorher nie gewesen) mit einem Pfaffen auch noch kurz den Grundstein für eine Privatbank gesegnet. Alles nix Spektakuläres, aber für so'n schnöden Ostermontag doch reichlich Abenteuer dank Ruge.

Wie einem dieser Virtuose des Minimalismus die Welt nicht erklärt, sondern mit seinen lakonischen Kommentaren einfach beschreibt, was ist (oh, hehres Dokumentaristen-Credo), und die Leute mit der schlichten Frage: „Wie lebt es sich denn so?“ immer wieder zum Reden bringt, das hat so wohltuend gar nichts von jener eitlen Selbstdarstellung anderer Weltenbummler (schon mal Hardy Krüger auf'm Kamel gesehen?), aber das hat was. Eine eigentümliche Kreuzung aus dem Tchibo-Onkel, der da einst auf seinem Muli über die Plantagen trottete und einem das beruhigende Gefühl vermittelte, daß es um die Dritte Welt so arg nun auch wieder nicht bestellt sei, und einem (sagen wir mal) Horst Stern, der einem in ebenso unspektakulärem Tonfall gehörig das Frühstücksei vermiesen konnte. Auch wenn es den Rest der Welt nur geben sollte, damit Ruge drin rumfahren kann – Schöpfer oder Urknall hätten gut daran getan, noch ein bißchen Landmasse draufzulegen.

Also gehen wir heute um 21.45 Uhr („Hochzeitstanz und Todesangst“) noch einmal mit dem rastlosen Pensionär schwofen und lassen uns zwischen zwei Schnäpsen die Spätfolgen von Tschernobyl erklären, schauen kurz bei den Polen rein und sind dann aber pünktlich zu den Tagesthemen wieder daheim in Görlitz. Reinhard Lüke

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