: Wem gehört das Baby?
■ Protest gegen die Blutuntersuchungen von Roma-Frauen / Demonstration
Berlin (taz) – Es begann damit, daß ein Passant am frühen Morgen des 8. April ein neugeborenes Baby auf einem Feldweg bei Köln fand. Fünf Tage später schritt die Kölner Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft zur Großaktion. Etwa 80 Beamte umstellten ein Flüchtlingswohnheim in der Nähe des Fundortes, um nach der Mutter des Findelkindes zu suchen. In dem Heim leben etwa 200 bosnische Flüchtlinge, rund die Hälfte von ihnen sind Roma. Insgesamt 40 Frauen im gebärfähigen Alter von 15 bis 40 Jahren wurden auf ein Polizeirevier transportiert. Um herauszubekommen, wer die Mutter des Findlings sei, wurde ihnen dort Blut abgenommen. Drei weitere Frauen wurden in der Universitätsklinik gynäkologisch untersucht. Die Mutter wurde ad hoc nicht gefunden. Auf die Blut-Ergebnisse muß die Staatsanwaltschaft nun vier Wochen warten.
„Wir haben konkrete Hinweise darauf, daß die Mutter aus Roma- Kreisen stammt.“ Mit diesen Worten begründet der Kölner Staatsanwalt Karl Utermann den drastischen Großeinsatz, den er veranlaßte. Außerdem habe er von der Klinik erfahren, „daß das Findelkind eine Pigmentierung aufweist, die man verstärkt bei Sinti und Roma findet“. Grundlage für die Aktion war der Paragraph 81 der Strafprozeßordnung. Danach sind Blutproben bei Nichtbeschuldigten auch ohne deren Einwilligung möglich, „wenn die Maßnahme zur Erforschung der Wahrheit unerläßlich ist“.
Ein breites Bündnis von Kölner Fraueninitiativen, antifaschistischen Gruppen, dem Flüchtlingsrat und den Kölner Grünen ruft nun für kommenden Samstag zu einer Demonstration gegen die „polizeilichen Zwangsuntersuchungen“ auf. „Was sollen alle Gedenkfeiern und Reden zum 50. Jahrestag der Befreiung vom Naziterror, wenn wir gleichzeitig diese unwürdige und inhumane Behandlung von Frauen widerspruchslos hinnehmen?“ fragen die InitiatorInnen. Die Demonstration beginnt am Samstag um 12 Uhr am Kölner Polizeipräsidium Waidmarkt. flo
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