piwik no script img

Sehr vergnügt

■ betr.: „Der sich als links Bezeich nende“, taz vom 5. 5. 95

Den Artikel habe ich teilweise mit großem Vergnügen gelesen. Allerdings habe ich nicht alles verstanden. Also: sehr vergnügt hat mich die Aktion der Frauen-Lesben von der „Schwarzen Witwe“, die mit ihrer Briefaktion tatsächlich einige Auftritte von Wiglaf Droste verhindert haben. Ich habe einer Lesung dieses Herrn zuhören müssen, weil ich eigentlich Fritz Eckenga hören wollte und Droste mitgeliefert wurde. Also kenne ich sogar den Text „Der Schokoladenonkel bei der Arbeit“, um den es hier unter anderem geht. Ich kann nur sagen, daß ich lange nicht so etwas Blödes, Humorloses, Sexistisches, langweilig Konstruiertes und Aggressives wie diese Texte von Droste gehört habe. Der Mann muß große Probleme haben. [...]

Leute, die sich mit Tätern identifizieren und Gewalt durch solch eine Polemik leugnen, so habe ich jedenfalls den „Schokoladenonkel“ verstanden, waren mir schon immer äußerst unheimlich, genauso wie Leute, die die unsachlichen Polemiken von Rutschky als „Aufklärungsarbeit“ bezeichnen, so wie Jörg Lau in diesem Artikel. Ich saß also damals bei Droste in einer vor Lachen grölenden Menge von Leuten und habe mich nicht getraut, jemanden zu fragen, was hier lustig ist, weil die Atmosphäre recht gespannt war und ich als Nichtlachende deutlich auffiel. (Ich habe mich auch gefragt, warum nur Fritz Eckenga mit so einem unangenehmen Menschen auftritt? Männerfreundschaft?)

Das ganze hat mich tief schockiert, wobei mir meine Freundinnen hinterher sagten, daß der Droste sozusagen „der typische sexistische Linke“ ist, wüßte doch jede, und daß er auch noch gut ankommt, wirft einfach ein klares Licht auf solche Linke. [...]

Nicht ganz klar ist mir die Position von Jörg Lau. Ist er ein Verehrer von Droste und Rutschky, verteidigt er hier die Presse- und Meinungsfreiheit, und will er noch dazu der Antifa einen reinwürgen?

Ich erinnere mich an das Theater mit der Punk-Playback-Band „Heiter bis wolkig“, die ich furchtbar schlecht und überaus sexistisch fand, die aber in der Antifa und autonomen Szene wohl immer sehr gut angekommen ist, trotz Warnbriefen, in den es darum ging, daß einer der Musiker ein Vergewaltiger sei. Ist Jörg Lau hier die Antifa zu wenig sexistisch oder etwa zu schlappschwänzig? Oha. Es ist ein erschreckender Konformismus allenortens, lieber Herr Lau, mit dem immer wieder Solidarität mit Vergewaltigern (siehe oben), das Leugnen von Gewalt gegen Frauen, Mädchen und Jungen und so weiter gezeigt wird. Lau polemisiert kräftig mit. Und wenn er schon von „Gesinnungsstreber- Netzwerk“ redet, dann doch bitte von Gesinnungsstreberinnen. Man ist heutzutage „ironisch gebrochen“, habe ich mal gelesen, damit man sich wie der letzte Arsch benehmen kann, aber eben „ironisch gebrochen“. Gesinnung ist peinlich. Bei Droste habe ich auch keine entdeckt.

Ein erstaunlich unsachlicher, polemischer Artikel in der taz! Aber frau sollte nie vergessen, wie die Realitäten so sein können. Birgit Frielinghaus, Dortmund

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen