piwik no script img

Angestellte sind kein Spielzeug

■ Streik und Boykott gegen Toys R'US

Stockholm (taz) – Die Kundenparkplätze und die Gänge zwischen den hochgebauten Einkaufsregalen sind leer, die Computerkassen piepsen nur ganz ausnahmsweise. Toys R'US verkauft in Schweden so gut wie kein Spielzeug mehr, weil die Angestellten keines mehr sein wollen. Am 9. Mai hatte die Gewerkschaft der Handelsangestellten zum Streik und Kaufboykott aufgerufen: mit bislang durchschlagendem Erfolg. Keine Ware kommt mehr an die Rampe, die Müllabfuhr leert die Tonnen nicht, und der Spielzeugriese muß vergeblich auf Handwerker warten, wenn etwas nicht mehr funktioniert. Bill Erlandson, Pressesprecher der Handelsgewerkschaft, ist rundum zufrieden: „Es gibt ein enormes Potential, wie man so einen Multi pieksen kann.“

Im letzten Jahr hatte sich der mit 800 Warenhäusern weltweit größte Spielzeugriese unter großem Werbeaufwand mit drei Supermärkten in Schweden etabliert. Doch nicht die Tarifverträge der Handelsgewerkschaft sollten für die Angestellten gelten – das mache man auch sonst in keinem anderen Land, war die Begründung –, sondern die von der Firma für sich maßgeschneiderten Arbeitsverträge. Da ist dann zu lesen, daß die Angestellten sich Taschenkontrollen zu unterwerfen haben, ihre Löhne einseitig von Toys R'US geändert werden können und wie lange die individuelle Probezeit sein soll. Letzteres – der Tarifvertrag setzt die Grenze auf drei Monate, Toys R'US wollte an seinem halben Jahr nicht rütteln lassen – war dann auch der Knackpunkt für den Streik der Handelsgewerkschaft.

„Machen die in Schweden einen Laden auf, haben sie sich nach unserer Ordnung zu richten“, legt Gewerkschaftssprecher Erlandson den Kurs fest. Und bekommt dabei im übrigen volle Unterstützung von einem Sprecher des Arbeitgeberverbands, der – mit dem ihm vorher offenbar unbekannten zentimeterdicken Toys-Arbeitsvertrag konfrontiert – deutlich irritiert dem US-Multi das gleiche empfiehlt. Doch der gibt sich – noch – uneinsichtig. „Beschränkt“ lautet der barsche Kommentar aus dem Europahauptquartier in London zu den schwedischen Gewerkschaftsforderungen: „Wir haben gewußt, daß es da Gewerkschaften gibt, nahmen aber an, wir schreiben 1995 und nicht 1955.“ Reinhard Wolff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen