■ MediaBazaar: Rechtsradikale Leserbriefe
Bonn (dpa) – Der Deutsche Presserat hat vor Mißbrauch der Leserbriefspalten seriöser Zeitungen als propagandistisches Forum für Rechtsradikale gewarnt. Wie das Selbstkontrollorgan der Presse mitteilte, verschicken Mitglieder rechtsradikaler Zusammenschlüsse zunehmend Leserbriefe, die scheinbar von Einzelpersonen stammen. In internen Publikationen werde der Abdruck dieser Briefe dann als Erfolg der Organisation dargestellt. Noch übler sei es, wenn bei einem Nachdruck in solchen Publikationen nicht mehr erkennbar sei, daß es sich um einen Leserbrief und nicht um einen redaktionellen Beitrag der seriösen Zeitungen handle.
Der Presserat forderte die Redaktionen zu erhöhter Wachsamkeit und Sorgfalt bei der Auswahl der Leserbriefe auf. Zwar könnten auch Briefe mit einem rechtsgerichteten Inhalt das Meinungsspektrum abdecken. Der Leserbriefteil müsse aber von Beiträgen strafbaren Inhalts und ehrenrührigen Äußerungen freigehalten werden. In einem Beschwerdefall mißbilligte der Presserat ausdrücklich die Veröffentlichung eines Leserbriefs, der den Holocaust verharmloste, die Opfer beleidigte und antisemitische Vorurteile schürte.
Der Beschwerdeausschuß des Presserates sprach außerdem sechs Rügen gegen Zeitungen und Zeitschriften wegen Diskriminierungen oder Vorverurteilungen aus. Öffentlich gerügt wurde die Fernsehzeitschrift Hör zu. Sie hatte das Interview eines Kriminalbeamten unter der Überschrift „Die neue Bedrohung: Kosovo-Albaner in Deutschland – Sie sind wie Wölfe“ gedruckt. In dieser undifferenzierten Anwendung des Begriffs „Kosovo-Albaner“ sah der Presserat eine Stigmatisierung der Angehörigen einer gesamten nationalen Minderheit.
Die Bild-Zeitung hatte in einem Bericht über einen Ausbruch von Straftätern aus einer Nervenklinik nicht klar zwischen Straffälligen und Kranken unterschieden. Darin sah der Beschwerdeausschuß eine Diskriminierung. Eine weitere Rüge zog Bild auf sich, weil sie zu einem Bericht über einen Freitod das Foto des Toten mit klar erkennbaren Gesichtszügen veröffentlicht hatte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen