: Ölsee unter westchinesischem Sand
■ Experten vermuten im Tarim-Becken zehn Milliarden Tonnen Öl / Klima macht Arbeitern zu schaffen
Becken von Tarim (AFP) – 4.000 Männer und Frauen suchen in der Taklamakan-Wüste im äußersten Westen Chinas nach Öl. „Hier liegt die große Hoffnung der chinesischen Ölindustrie“, lautet der Slogan der Staats- und Parteiführung in Peking. Unter dem heißen Sand verbergen sich nach Schätzungen chinesischer Geologen gigantische Mengen des schwarzen Goldes. Sie vermuten im 600.000 Quadratkilometer großen Tarim-Becken mehr als zehn Milliarden Tonnen (70 Milliarden Barrel) Rohöl, außerdem acht Milliarden Tonnen Gas. Zum Vergleich: Die bestätigten Ölreserven Saudi-Arabiens belaufen sich auf 53 Milliarden Tonnen.
Die Arbeit hier ist für chinesische Verhältnisse gut bezahlt, aber nicht beliebt. Taklamakan bedeutet soviel wie: „Wo du hineingehst, aber nie wieder herauskommst“. „Es ist hart, sehr hart“, sagt der 24jährige Erdölforscher Du Huafei und schaut über die endlosen Sanddünen. „Vier Monate im Jahr haben wir fürchterliche Sandstürme. Im Sommer gehen wir an der Hitze fast zugrunde, im Winter fallen die Temperaturen um 30 Grad.“
„In den vergangenen sechs Jahren haben wir acht große und mittlere Öl- und Gasfelder entdeckt, vier Brunnen sind derzeit aktiv“, sagt Zhong Shude, Vizechef im Ölbüro von Tarim, einer Unterabteilung der Nationalen Ölgesellschaft Chinas (CNPC). Die CNPC war 1989 gegründet worden, als der Regierung bewußt wurde, welche Schätze im Tarim-Becken lagern.
Das Öl von Tarim ist für China unverzichtbar. Denn obwohl 1994 mehr als 140 Millionen Tonnen produziert wurden, mußte das Land Erdöl importieren, um den Expansionskurs der Wirtschaft in Gang zu halten. Aber auch die mit Hochdruck betriebene Erschließung des Beckens hat einen stolzen Preis. Die abgelegene Wüstenregion, die klimatischen Bedingungen und die Transportprobleme treiben die Kosten in die Höhe.
Derzeit sind nur zwei kurze Pipelines in Betrieb, zwei weitere werden gebaut. Der Großteil des Öls muß mit Lastwagen befördert werden. Die Ölgesellschaft plant den Bau einer Großpipeline in Richtung Ostchina. Deren Kosten schätzen westliche Experten jedoch auf zehn Milliarden Dollar. Die Verantwortlichen wissen, daß ein solches Großprojekt nur mit ausländischer Technologie und ausländischem Kapital zu verwirklichen ist. Der US-Konzern Esso und die italienische Agip unterschrieben 1993 einen Achtjahresvertrag, die britische BP wollte auf einem dritten Teilstück zunächst seismographische Bodenuntersuchungen vornehmen lassen. Die ausländischen Konzerne mißtrauen den Angaben über die Höhe der Reserven. Trotzdem soll im Juni ein größeres Gebiet im Tarim-Becken ausländischen Gesellschaften offeriert werden.
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