: „Das ist absolut unkontrollierbar“
■ Gerhard Vogler hält nicht viel von der geplanten Sommersmogverordnung. Der Bayer ist Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft im Beamtenbund
In der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) sind nach eigenen Angaben 85.000 Menschen organisiert. Der Konkurrenzverband Gewerkschaft der Polizei ist Teilgewerkschaft des DGB und führt über 200.000 Polizistinnen in seinen Listen.
taz: Der Vorschlag der Bundesregierung zur Ozonbegrenzung sieht Fahrverbote mit sehr vielen Ausnahmen vor. Könnte die zuständige Polizei das überhaupt kontrollieren?
Gerhard Vogler: Das ist absolut unkontrollierbar, da gibt es überhaupt keine Zweifel. Die Summe der Ausnahmen macht die Diskussion über 270 Mikrogramm oder einen anderen Wert völlig überflüssig. Allenfalls kontrollierbar wären noch Kat-Autos, weil diese Autos gekennzeichnet werden könnten. Das geschieht ja schon zum Teil durch einen roten sechseckigen Stern. Wie aber erkennt man einen Pendler oder einen Ferienreisenden oder wie, ob ein Auto vier oder sechs Jahre alt ist?
Was passiert auf Fernstraßen?
Anhalten auf den Autobahnen, also den Durchgangsstraßen für Reise- und Ausflugsverkehr, ist gar nicht möglich. Und mit Blitzen ist hier nichts getan. Also: Die Verordnung ist absolut undurchführbar. Auch aus der Sicht des Personalvorhaltes der Polizei. Man ist ja nicht vorbereitet und weiß: „Nächstes Wochenende ist Smogalarm“, sondern das kommt von einer Stunde auf die nächste. Wenn Sie sich mal in der Fläche die Polizeidichte anschauen, da sind ganze Landkreise mit nur drei Beamten besetzt. Wer soll da noch die Einhaltung des Smogalarms kontrollieren.
Wieviel Personal wäre denn nötig, um beispielsweise ein Fahrverbot für Nicht-Kat-Autos zu kontrollieren?
Das kommt darauf an, wie umfassend Sie das machen wollen. Auch eine Kat-Kontrolle ginge nur stichprobenhaft. Da könnte man vielleicht festlegen: pro Landkreis zwei Wagenbesatzungen. In Bayern allein gibt es 164 Landkreise. Sinn macht das alles eh nur dann, wenn es Bußgelder gibt. Ohne Strafen wird sich ein deutscher Autofahrer vielleicht zwei- oder dreimal an diese Regelung halten, und dann ist es ihm schnurzegal.
Die Bundesregierung plant anscheinend Bußgelder von 80 Mark.
Das ist zuwenig. Von 80 Mark läßt sich keiner abhalten, der unbedingt fahren will. Und er hat ja die allergrößten Chancen durchzukommen – das wäre ja fast wie ein Lottogewinn, wenn er erwischt würde.
Und was halten sie von Tempolimits?
Das bringt ja nur minimale Entlastung. Ein Tempolimit einzuführen ist beim Sommersmog wohl mehr Ideologie als Sorge um die Gesundheit der Menschen. In bezug auf die Verkehrssicherheit macht ein Tempolimit allerdings Sinn. Das Problem bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung ist ja ebenfalls, daß sie nur stichprobenartig überprüft werden kann. Wo es nicht kontrolliert wird, halten sich die Leute oft nicht dran.
Was wäre aus Ihrer Sicht denn ein sinnvoller Ansatz?
Wer überhaupt was machen will gegen Ozon, der müßte radikal Fahrverbote erteilen und nicht hunderttausend Ausnahmen zulassen. Nur Kat-Autos dürften noch fahren, weil das kontrollierbar ist. Das kann man mit Fotografien machen, auch ohne daß die Autos anhalten müssen.
Sind schon alle Kat-Autos mit dem roten Stern gekennzeichnet?
Nein, aber die meisten. Und das kann man ja vorschreiben.
Aber wenn ich kein Kat-Auto habe, kann ich doch einfach einen Stern an die Windschutzscheibe kleben.
Man könnte die Plakette ja auf dem Nummernschild anbringen. Das ist eine amtliche Urkunde, und eine falsche Plakette wäre damit Urkundenfälschung.
Fährt die Polizei auch noch Autos ohne Kat?
Zumindest hier in Bayern gibt es schon seit Jahren kein Dienstfahrzeug mehr ohne Katalysator. Interview: Annette Jensen
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