: Mieter wehren sich
■ Mietervereine kriegen immer stärkeren Zulauf / Die verschiedenen Organisationen kooperieren miteinander
Schimmel an den Wänden, Mieterhöhungen, Kündigungen: Mit solchen Dingen schlägt sich fast jeder Mieter früher oder später einmal herum. Steht der Ärger erst mal im Raum – beziehungsweise in der Wohnung – fällt vielen ein, was sie schon seit Jahren tun wollten, nämlich einer Mitervereinigung beitreten. Die Auswahl ist gerade in Berlin sehr groß, Außenstehende haben die Qual der Wahl.
Der älteste und mitgliederstärkste Zusammenschluß ist der Berliner Mieterverein: „Da wir dem Deutschen Mieterbund angehören, hat unsere Organisation einen überregionalen und auch bundespolitischen Ansatz“, berichtet Hartmann Vetter, der Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins. Auf kommunaler Ebene bietet der Verein seinen Mitgliedern kostenlose Beratungen zu konkreten Problemen. Außerdem schließen die Klienten mit dem Beitritt automatisch eine Rechtsschutzversicherung ab. Auf Landes- und Bundesebene versucht die Organisation Einfluß auf politische Entscheidungen zu nehmen, die die Rechte der Mieter betreffen. Die Berliner Mietergemeinschaft ist eine regionale Mietervereinigung. Das Angebot, Beratungen und Rechtsschutz, entspricht in etwa dem Service des Berliner Mietervereins, von dem sie sich 1954 abgespalten hat. „Das hatte damals politische Gründe“, erzählt Gerhard Eichmann aus der Rechtsabteilung der Gemeinschaft. Kommunistische Mitglieder seien aus dem Verein gedrängt worden und hätten dann eine eigene Interessenvertretung gegründet.
Seit den achtziger Jahren ist die Gemeinschaft vor allem auch von der alternativen Hausbesetzerszene geprägt worden. „Da wir ausschließlich lokal organisiert sind, können wir oft unabhängiger agieren“, betont Eichmann. Einige der Beschlüsse des Deutschen Mieterbundes seien nicht im Sinne der Mietergemeinschaft. Andererseits, betont er, sei das Nebeneinander der Organisationen auch sehr konstruktiv. „In einigen Punkten funktioniert die Zusammenarbeit sehr gut.“
Die Organisationen gehen zur Zeit gemeinsam gegen die Scientology-Sekte vor, die in Berlin mit Immobillien spekuliert. Die Mietervereinigungen haben gerade in den letzten Jahren großen Zulauf: „Vor etwa 15 Jahren hatten wir rund 11.000 Mitglieder, mitlerweile sind es etwa 90.000“, so Vetter. Mit etwa 25.000 Mitgliedern ist die Berliner Mietergemeinschaft die zweitgrößte Organisation. Auch im Ostteil der Stadt steigt das Interesse: „35 Prozent unserer Mitglieder wohnen dort“, weiß Ulli Pieper von der Mietergemeinschaft.
Doch gerade die Menschen, die eine Mietervereinigung am nötigsten hätten, sind in der Regel nicht als Mitglieder eingetragen. Die Masse der organisierten Mieter rekrutiert sich aus dem Mittelstand: „Das sind Leute, die ein Bewußtsein davon haben, daß sie ihre Rechte allein nicht verteidigen können“, so Vetter. Diejenigen jedoch, denen wirklich übel mitgespielt werde, kämen meistens gar nicht auf die Idee, sich zu wehren. Dabei gehe es nicht nur um Extremfälle wie Kündigung. Bei der Betriebskostenabrechnung und Mängelbeseitigung gebe es wesentlich mehr Ärger, informieren die Vertreter der Mieterorganisationen. Lars Klaaßen
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