: Blut, Erotik, Mode etc.
■ "Boxen and more" würdigt die Verdienste von premiere und RTL
Hätte der Boxteil seine Schuldigkeit getan, man hätte auf das „more“ getrost verzichten können. Das klingt irgendwie prima, ist aber selbstredend eine völlig falsche Annäherung an das jüngst erstmals erschienene Special-Interest-Periodikum Boxen and more. Weniger geht es um die analytische Aufbereitung einer Sportart, mehr um die Affirmation einer zeitgenössischen Kulturdefinition, wie Herr Michael Pfad bereits im Editorial mitteilt: „Es ist schick und liegt im Trend, sich beim Boxen sehen zu lassen.“
Nun ist Pfad, wenn er nicht gerade Editorials schreibt, Sportchef bei Premiere und als solcher mit ursächlich am sogenannten Boxboom beteiligt, der nun neben allerlei anderem auch diese Zeitschrift hervorgebracht hat.
Pardon, Fachzeitschrift. Für Boxen. Denn einige der Beiträge sind von Leuten geschrieben, die ihr Handwerk und etwas vom Gegenstand verstehen. So erfahren man und frau Diverses über Maske („Es sind die Augen, die faszinieren“), Michalczewski („Er kommt von ganz unten, und er hat sich nach oben geboxt“), Rocchigiani („Letzte Chance“) und Schulz („Underdog wird zur Boxhoffnung“).
Wer nun einwerfen möchte, damit seien ja schon alle in Frage kommenden Recken abgedeckt, dem wird zweifellos bewiesen werden können, daß auch im nächsten Heft Essentielles über Schulz („Letzte Chance“), Rocchigiani („Er kommt von ganz unten“), Michalczewski („Ein Underdog“) und Maske („Es sind die Augen“) zu sagen sein wird. Hauptsächlich aber geht es in dem dreimonatlich erscheinenden Periodikum (die nächste Ausgabe soll im September erscheinen), in dem für Amateure (also „Nur-Sport“, gähn) kaum Platz ist, um more. More meint, wie man beim Dino-Verlag mitteilt, „Erotik, Mode et cetera“ und stellt sich heraus als die omnipräsente Modedame Wiebe, den omnipräsenten Maler Münch, den allgegenwärtigen Poeten Wondratschek, die selten fehlende, blondierte Gattin des Weltmeisters Michalczewski nebst selbigem auf Tigerfell („Boxen ist so gut wie Sex“). „Die Arena, in der Schweiß und Blut fließt“, so gibt bedeutungsschwanger Pfad selbigen vor, „als Ort gesellschaftlichen Come-Togethers“. Also: Jopi Heesters meets Simone Rethel, denn: „Alles ist möglich“ (Pfad).
Weil dem so ist, beinhaltet „more“ selbstredend sämtliche Verdienste der Sender premiere und RTL. Das verwundert wenig: Das Konzept des Blattes stammt von einem PR-Arbeiter, der zuvor dem Boxteam Wilfried Sauerlands (Maske) und somit RTL, nun dem Universum-Boxunternehmen Klaus-Peter Kohls (Michalczewski) nahesteht. Welches bekanntlich dem Sender premiere freundschaftlich und vertraglich verbunden ist. Das Ganze läuft, wie das so heißt, „im Zusammenspiel“. Die Zeitschrift darf ins Fernsehen. Jenes hat andererseits sein Logo auf dem Cover (RTL) oder teilt (premiere) in dem Printmedium unwidersprochen mit, daß „keine Sportart TV-gerechter [ist] als der Boxsport“. Damit aber das auch die SeherInnen richtig würdigen können, und dies liegt auch im special interest der Sender, bedarf es keiner neuen Boxfibel, sondern ... einer Fach- Fernsehzeitschrift!
Wie es der Zufall so will – nun hat man eine. Peter Unfried
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