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Rühe will endlich deutsche Soldaten kämpfen lassen

■ Bonns Verteidigungsminister bietet der Nato deutsche Tornados zur Sicherung der Blauhelme in Bosnien an / Regierung und Bundestag müssen beschließen

Brüssel (taz) – Die Bundeswehr nähert sich ihrem ersten Kampfeinsatz seit ihrer Gründung. Bundesverteidigungsminister Volker Rühe kündigte gestern auf der Nato-Frühjahrstagung in Brüssel an, daß er bereit sei, deutsche Tornados für die Sicherung der britisch-französisch-niederländischen Eingreiftruppe in Bosnien zur Verfügung zu stellen. Diese wollen rund 10.000 Soldaten ins Kriegsgebiet schicken, um den in Bedrängnis geratenen Blauhelmen zu helfen.

Die Deutschen sollen die Nato- Luftstreitkräfte unterstützen, die das Flugverbot über Bosnien durchsetzen. Bisher sind nur deutsche Aufklärungsflugzeuge ohne Kampfauftrag beteiligt. Der Einsatz der Tornados muß noch von der Bundesregierung und vom Bundestag beschlossen werden. Rühe antwortete damit auf eine Anfrage der Regierungen in London und Paris, die alle Nato-Partner gebeten hatten, sich am Schutz der im ehemaligen Jugoslawien stationierten Blauhelme zu beteiligen.

Allerdings gibt es nach wie vor unterschiedliche Auffassungen darüber, auf wessen Kommando die zusätzlichen Truppen hören werden. Die Regierungen in Frankreich und Großbritannien machen kein Hehl daraus, daß sie ihre Soldaten nicht den verwaschenen Befehlsstrukturen der UNO unterstellen wollen. Sie fordern, daß der französische UN-General Bernard Janvier und der britische General Rupert Smith, die im Kriegsgebiet stationiert sind, die volle Befehlsgewalt bekommen. Die Verhandlungen mit der UNO in New York werden noch einige Tage dauern.

Die sechs bis acht deutschen Tornados sollen in jedem Fall der Nato unterstellt werden, die bereits seit über zwei Jahren mit rund 200 Flugzeugen die Luftüberwachung organisiert. Bisher hatte die Bundesregierung ihre Beteiligung nur für die Absicherung eines ebentuellen Rückzuges der Blauhelme zugesichert. „Wir haben Kräfte identifiziert für einen Abzug, den niemand will“, rechtfertigte Rühe gestern den neuen Kurs, „wir werden die Kräfte nun auch für den Verbleib der Blauhelme einsetzen.“ Das sei „logisch“, weil die Fortsetzung der Blauhelmmission die einzige und letzte Möglichkeit sei, eine Eskalation des Krieges zu verhindern.

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes muß der Bundestag den Bundeswehreinsatz nicht nur beschließen, er kann auch den Auftrag einschränken. Derzeit bereitet die Bundeswehr die Stationierung der Tornados in Italien und die Aufstellung eines 600 Mann starken Sanitätscorps vor. Alois Berger

Siehe auch Interview auf Seite 4

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