■ Wer erstickt, ist selber schuld: Der Fall Joy Gardner
Dublin (taz) – Joy Gardners Tod war ein Unfall, ein Fremdverschulden liegt nicht vor. Zu dieser Entscheidung kam ein Londoner Gericht am Mittwoch und sprach die beiden Polizeiangehörigen Linda Evans und Colin Whitby vom Vorwurf des Totschlags frei.
Die damals 34jährige Jamaikanerin Joy Gardner war 1987 nach Großbritannien eingereist, wo ihre Mutter bereits seit 1961 lebte. Als ihr Visum nach sechs Monaten ablief, blieben Gardner und ihr Sohn Graeme, der kurz nach der Einreise zur Welt gekommen war, illegal im Land. Im Juli 1993 drangen die beiden Angeklagten, die der 1965 gegründeten „Fremdendeportationseinheit“ (ADG) angehören, sowie zwei Beamte der Einwanderungsbehörde und zwei uniformierte Polizisten im Morgengrauen in ihre Wohnung in Nord- london ein. Als sich Gardner wehrte, legte man ihr einen Spezialgürtel mit Handschellen an, fesselte ihr die Füße und knebelte sie mit vier Meter Klebestreifen. Fünf Minuten später verlor sie wegen Atemnot das Bewußtsein, vier Tage später war sie tot.
William Johnson, ein Beamter der berüchtigten ADG-Truppe, hatte den Spezialgürtel für unliebsame AusländerInnen 1981 erfunden und dafür 50 Pfund erhalten. Der Gürtel erinnert an die Handfesseln, die jamaikanische SklavInnen tragen mußten.
Gardners Mutter Myrna Simpson sagte nach dem Freispruch: „Es war ein abgekartertes Spiel.“ Sie will jetzt gegen die Einwanderungsbehörde und den Innenminister klagen. Das Innenministerium hat zugegeben, daß man den Brief mit der Deportationsanordnung absichtlich so lange wie möglich zurückgehalten hatte, damit Joy Gardner nicht untertauchen konnte. Als der Brief schließlich zugestellt wurde, lag sie bereits im Koma. Ralf Sotscheck
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