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Frau, Neutrum oder Sekretärin

Wie eh und je: Frauen in technischen Berufen haben's schwer mit den männlichen Kollegen / Statistisch rückläufige Tendenz  ■ Von Annette Jensen

Renate Schößler steckt einen buntgeringelten Widerstand durch eine grüne Platine und schweißt die Enden auf der Rückseite fest. Dann schließt sie eine Batterie an – und eine Reihe roter Lämpchen beginnt zu blinken. „Das ist ein einfacher Bausatz mit nur wenigen Teilen“, erklärt die angehende Kommunikationselektronikerin. Auf der top '95 soll sie ihren Geschlechtsgenossinnen eine Bewerbung bei der Telekom schmackhaft machen. Denn genau wie in Ingenieurs- und Informatikstudiengängen sinkt auch in vielen technischen Lehrberufen der Anteil der Frauen. „Anfang der 80er Jahre war unsere Hochzeit, da stellten wir immerhin 18 Prozent“, bilanziert die Informatikerin Veronika Oechtering von der Uni Bremen. Inzwischen sind gerade einmal 5,5 Prozent der StudienanfängerInnen in der Computerwissenschaft weiblich. Beim Maschinenbau sieht es mit unter drei Prozent noch düsterer aus.

Die Vermessungsingenieurin Helene Schmitz vermutet, daß das Image der Technikerin als „irgendwie komisch und unweiblich“ abschreckend wirkt und zum Rückgang beigetragen hat. „Dabei sind wir ganz normale Frauen“, versichert sie, die mit ihrer Erscheinung selbst ein glänzendes Beispiel dafür ist, Schülerinnen immer wieder auf Veranstaltungen des Bunds deutscher Ingenieurinnen.

Männern allerdings fällt diese Perspektive nach wie vor extrem schwer. „Entweder werde ich als Frau oder als Informatikneutrum behandelt“, berichtet Roswitha Behnke. Wie fast alle anderen hochqualifizierten Technikerinnen auch wurde sie schon zigmal für die Sekretärin eines Mannes gehalten. Aber auch ihre Geschlechtsgenossinnen sprechen Maschinenbauerinnen und Computerexpertinnen häufig entweder Kompetenz oder Weiblichkeit ab. „Ich wünsche mir sehr, daß wir mehr werden“, hört man deshalb immer wieder auf der Frauenmesse in Düsseldorf.

Kirsten Eppmann kommt es bei der Ermutigung von Nachwuchskräften aber auch auf die Produkte an, die in weiblichen Köpfen ersonnen werden. „Frauen ist es wichtig, daß das Ding vernünftig bedienbar ist, Männer wollen hingegen die aus ihrer Perspektive ideale Konstruktion“, hat die 53jährige Dozentin und Gleichstellungsbeauftragte an der Fachhochschule Osnabrück beobachtet. Nicht nur Taschenrechnertasten, die für jeden Finger zu klein sind, ernten ihren Spott. Auch Waschmaschinenschaltungen mit winziger, nur im Hocken zu entziffernder Schrift identifiziert sie als Männerkonstrukte. „Das können nur Leute so machen, die nie dort arbeiten“, urteilt sie. Ihre Kolleginnen aus der Informatik haben ähnliches beobachtet. Wenn ein Computerprogramm für einen bestimmten Arbeitsbereich geplant wird, bleiben die Männer oft an ihren Terminals sitzen und sprechen sich nur mit den Vorgesetzten, nicht aber mit den späteren AnwenderInnen ab. Die Frauen hingegen beziehen im allgemeinen die NutzerInnen mit ein. Das Ergebnis ist häufig einfacher handhabbar und praktikabler.

„Die meisten Software-Programme werden immer umfangreicher. Aber sehr vieles braucht man gar nicht“, konstatiert die Physikerin Inge Jantzer, die in der EDV-Abteilung einer Versicherung arbeitet. Interessanterweise war sie in ihrer Abteilung die erste, die sich mit Hilfe einer Gebrauchsanleitung alle Finessen ihres PCs eröffnete. Die männlichen Kollegen vertrauten hingegen auf ihren Spieltrieb und kannten so nur einen Bruchteil der Funktionen. Die Erwachsenen behielten damit genau die Muster bei, die LehrerInnen bei Kindern beobachten: Jungens erforschen den Computer durch wildes Herumprobieren, während Mädchen erst nachlesen und überlegen – so daß sie bei praktischen Übungen oft in der zweiten Reihe stehen. Während es den Jungens auf die tolle neue Erfindung ankommt, deren Nutzen ihnen schnuppe ist, arbeiten die Mädchen zielorientierter.

Helene Schmitz ist deshalb überzeugt, daß der Einsatz von mehr Frauen in technischen Bereichen auch von großem wirtschaftlichem Vorteil ist. „Frauen konzentrieren sich mehr auf die gestellte Aufgabe, während Männer stundenlang rumschwafeln und ihnen die Zeit davonrennt.“

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