: Rassistische Sprüche auf dem Prüfstand
Freie Universität überprüft Vorwurf rassistischer Äußerungen gegen zwei Dozenten / Ehemaliger 68er und jetziger „Junge Freiheit“-Autor Herbert Ammon fühlt sich verleumdet ■ Von Zonya Dengi
Ohne abschließende Klärung endete jetzt eine erste Anhörung einiger StudentInnen an der Freien Universität. Die Studenten, die das Studienkolleg der Freien Universität für ausländische Studierende von August 1994 bis Juni 1995 besuchten, beschwerten sich nach Kursende im Juni über diskriminierende und rassistische Aussprüche der beiden Dozenten Herbert Ammon und Joachim Küch. So soll Ammon einen marokkanischen Studenten gefragt haben, warum er nicht in seinem eigenen Land geblieben sei, um gegen „seinen Kamelkönig zu kämpfen“. Ferner habe er polnischen und russischen StudentInnen vorgeworfen, in Deutschland illegalen Geschäften nachzugehen. Dozent Küch soll einer polnischen Studentin angeboten haben, für ihn „schwarz“ zu putzen. Begründung: „alle Polen arbeiten schwarz. Der Asta hatte die Beschwerden der StudentInnen kürzlich bekanntgemacht.
Eine endgültige Klärung der Vorwürfe werde es nicht vor Mitte August geben. Dann werde es weitere Anhörungen von Studierenden und Dozenten geben, erklärte Dr. Wedigo de Vivanco, der Leiter des Akademischen Auslandsamtes.
Der Soziologiedozent Herbert Ammon wies die Vorwürfe entschieden zurück. Er habe sich in der ihm vorgeworfenen Weise nie geäußert. Der marokanische Student habe ihm das ganze Studienjahr über immer wieder von Problemen in seinem Privatleben berichtet. Dafür habe er immer ein offenes Ohr gehabt. Außerdem sei der Student gefährdet gewesen, das Jahr am Studienkolleg wiederholen zu müssen, und habe nur durch sein Wohlwollen die mündliche Prüfung bestanden. „Erst nach der Notenbekanntgabe wurde er unflätig“, empört sich Ammon, einst ein bekannter Aktivist der Studentenbewegung von 1968. Seine jetzige Darstellung ist neu. Beim Abschlußfest des Studienkollegs soll Ammon vor mehreren Zeugen erklärt haben, daß die Äußerungen nicht ernst gemeint, sondern eher als Witze gedacht seien; also ein Mißverständnis auf seiten des marokkanischen Studenten.
Ammon vermutet hinter den Anschuldigungen ein politisches Motiv des Asta. Den Asta störe, daß er regelmäßig für die Junge Freiheit über die „nationale Frage“ schreibe, die er als ein „demokratisches Organ in einem demokratischen Spektrum“ bezeichnet. Als die Junge Freiheit massiv als rechtsradikales Blatt kritisiert wurde, habe er sich für die Monatszeitschrift eingesetzt.
Ammon wirft dem Asta vor, er wolle mit den Vorwürfen die Einsetzung eines Ausländerbeauftragten an der FU erreichen. „Gerade dieser Fall zeigt, wie wichtig die Einführung eines solchen Beauftragten ist, der die Studenten über ihre Rechte informiert und sich gegebenenfalls an die zuständigen Stellen wendet“, sagt Eva Savelsberg von der AusländerInnenliste.
Viele Studierende, gerade solche des Studienkollegs, trauten sich nicht, sich zu beschweren, da sie Angst hätten, sie würden ihren Abschluß nicht bekommen. Das Studienkolleg wird in erster Linie von Studenten aus der „Dritten Welt“ besucht, die ihr Abitur nachholen müssen, da ihre Abiturprüfung als der deutschen nicht gleichwertig angesehen wird. „Ich konnte mich erst nach Abschluß des Studienkollegs beschweren, denn vorher war immer die Angst da, ich könnte nicht bestehen. Ich dachte immer: Was passiert, wenn man mich deshalb durchfallen läßt?“ sagte beispielsweise eine am Dienstag angehörte Studentin.
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