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Bombenleger wird zum Ehrengeneral

Der für die Versenkung des Greenpeace-Schiffs „Rainbow Warrior“ vor zehn Jahren verantwortliche Geheimdienstler erhielt von Frankreichs Regierung einen weiteren Orden  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Seine Freunde vergißt Frankreich nicht: Fast auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Attentat auf das Greenpeace Schiff „Rainbow Warrior“, bei dem ein Mensch ums Leben kam, ist der Verantwortliche für die Geheimdienstaktion erneut mit einem Orden ausgezeichnet worden. Jean-Claude Lesquer – 1985 Oberst und heute General – ist Anfang Juli zum „grand officier de la Légion d'honneur“ geworden.

Die Auszeichnung geschah auf Vorschlag des Verteidigungsministeriums. Präsident Jacques Chirac unterzeichnete das dazu nötige Dekret. Das regierungsamtliche Mitteilungsblatt Journal officiel veröffentlichte es in seiner Ausgabe vom 2. Juli. Nichts störte die Routine bei der Verleihung des Sterns mit den fünf doppelten Strahlen unter einer ovalen Eiche- und-Lorbeer-Krone an den Attentatsorganisator Lesquer. An die große Öffentlichkeit geriet die Angelegenheit erst einen Monat später. In ihrer gestrigen Ausgabe berichtet die Pariser Zeitung Le Monde auf ihrer ersten Seite davon. In den übrigen französischen Medien findet sich kein Wort.

Lesquer alias „Renaud“ war im Frühsommer 1985 bei dem militärischen Geheimdienst DGSE (Generaldirektion für äußere Sicherheit) mit der Planung der Aktion „Satanic“ beauftragt. Seine Aufgabe war es, weitere Proteste der Rainbow Warrior vor dem französischen Pazifikatoll Moruroa endgültig zu verhindern. Das dreispannige Greenpeace-Schiff hatte in jenem Jahr bereits mehrere spektakuläre Aktionen gegen die Atomtests im Südpazifik durchgeführt. Unter anderem evakuierte es die Bevölkerung des von US-Atomtests verstrahlten Pazifikatolls Rongelap.

Lesquers „Satanic“-Plan bestand darin, die Rainbow Warrior im Hafen von Auckland in die Luft zu sprengen. Die Operation geriet zum Fiasko: Bei dem Attentat starb der Greenpeace-Fotograf Fernando Pereira. Zwei der beteiligten Agenten wurden wenige Stunden später festgenommen. Neuseeland fand heraus, daß Frankreich hinter dem Anschlag steckte und reagierte höchst empfindlich auf die Verletzung seiner Souveränität.

Die ganze Welt empörte sich ob der Bluttat. In Paris mußte erst der Chef der DGSE und dann auch der Verteidigungsminister zurücktreten. Der damalige Präsident François Mitterrand wird die Antwort auf die Frage, ob er den Anschlag angeordnet hat, wohl mit ins Grab nehmen.

Während zwei seiner Agenten in Neuseeland zu über zehnjährigen Gefängnisstrafen verurteilt wurden – von denen sie dank französischer Intervention jedoch nicht einmal ein Jahr absitzen mußten –, sorgte Lesquer von Paris aus dafür, daß der Rest seiner Leute unerkannt fliehen konnte. Ein Teil seiner Equipe wurde im Südpazifik von einem französischen U-Boot abgeholt.

Lesquer verließ den militärischen Geheimdienst DGSE 1987 und engagierte sich im Golfkrieg. Seit 1991 ist er verantwortlich für französische Waffenexporte, vor allem Panzerfahrzeuge, in die Golfregion. Bereits vor seiner Auszeichnung zum „großen Offizier der Ehrenlegion“ im Juli dieses Jahres trug er den Orden eines „Kommandeurs“ der Ehrenlegion.

Die „Légion d'honneur“, die von Bonaparte 1802 geschaffen wurde, ist eine Anerkennung für besondere zivile und militärische Leistungen im Dienste Frankreichs, sowohl in Kriegs- als auch in Friedenszeiten. Die mit dieser Ehre Ausgezeichneten dürfen den Titel nicht nur auf die Visitenkarte setzen und ihre Medaille auf der – linken – Brustseite tragen, sondern sie haben auch das Anrecht auf militärische Ehren bei ihrer Beerdigung.

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