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Mit Antisemitismus auf Stimmenfang

■ Die „Nationalen“ fordern in ihrer Wahlkampfbroschüre den Abriß aller Holocaust-Denkmäler

Die rechtsextremen „Nationalen“ ziehen mit gezielt antisemitischen Parolen in die Abgeordnetenhauswahl am 22. Oktober. In ihrem Programm fordert die Gruppierung den Abriß aller Holocaust-Denkmäler und die „drastische Verringerung der Anzahl aller Fremden in unserer Stadt“. Sie drängen darauf, jüdischen Einrichtungen alle staatlichen Zuschüsse zu streichen. Zudem sollen alle „überflüssigen Beauftragten“ – genannt sind die Ausländer-, Frauen- und Drogenbeauftragten – abgeschafft werden. In der Broschüre, die mit einer Auflage von fünftausend Stück erschienen ist, wird das Wort Holocaust durchgängig in Anführungszeichen gesetzt. Obwohl das Pamphlet nach Ansicht der Liga für Menschenrechte den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, haben die Behörden bislang nichts unternommen, um der Verteilung Einhalt zu gebieten.

Die „Nationalen“ treten bei den Abgeordnetenhauswahlen voraussichtlich mit drei Direktkandidaten in je einem Wahlkreis in Tiergarten, Marzahn und Treptow an. Hier ist es den „Nationalen“ nach Auskunft ihres Vorsitzenden Frank Schwerdt (52) gelungen, die 40 benötigten Unterschriften für einen Direktkandidaten zu sammeln. Dies konnte der Landeswahlleiter gestern nicht bestätigen, da die Bezirkswahlausschüsse bis zum 1. September noch prüfen, ob alle formalen Voraussetzungen für eine Zulassung zur Wahl vorliegen. Die „Nationalen“ werden zur Wahl nicht mit einer Landesliste antreten, da sie die dafür notwendigen 2.200 Unterschriften nicht zusammenbekommen haben.

Im aktuellen Berliner Verfassungsschutzbericht wird der Gruppierung bescheinigt, „zunehmend in neonazistisches Fahrwasser“ zu geraten. In dem 1991 gegründeten Verein seien Angehörige der NDP, ehemalige Mitglieder der „Republikaner“ und der verbotenen „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP) aktiv. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes sind zwei der Beisitzer in der Partei Neonazis. 1992 waren die „Nationalen“ als Wählergemeinschaft bei den BVV- Wahlen angetreten, blieben mit 0,16 bis 0,69 Prozent der Stimmen aber eine äußerst marginale Kraft.

Alisa Fuss von der Liga für Menschenrechte hat den Landeswahlleiter gebeten zu prüfen, ob er diese Gruppierung zulassen muß. Der sieht allerdings seine Hände gebunden. „Wenn die formalen Kriterien erfüllt sind, müssen wir eine Partei zulassen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit haben wir nicht zu prüfen“, erklärte Referatsleiter Horst Schmollinger. Dem Berliner Verfassungsschutz liegt die umstrittene Wahlkampfbroschüre vor. Über Konsequenzen schwieg sich die Behörde gestern jedoch hartnäckig aus. Es hieß lediglich, daß die „Nationalen“ beobachtet würden. In der Senatskanzlei, der Aufsichtsbehörde des Verfassungsschutzes, erklärte Sprecher Eduard Heußen zu dem umstrittenen Programm: „Das sind abstruse Forderungen, die wahlpolitisch gar keine Rolle spielen werden.“ Er nehme an, daß sich der Verfassungsschutz dazu äußern werde. Dorothee Winden

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