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Ein Jahr auf dem Biohof oder bei Greenpeace

■ Auch im dritten Jahr großer Bedarf für das „freiwillige ökologische Jahr“

Janina Bauer hat nach dem Abitur die Nase voll vom Rumsitzen und passiven Konsumieren. „Bevor ich anfange zu studieren, möchte ich erst mal etwas Praktisches tun.“ Sie ist eine der 80 Berliner Jugendlichen, die gestern in ein Freiwilliges Ökologisches Jahr gestartet sind. Die Entscheidung fiel ihr nicht allzu schwer. „Umweltschutz interessiert mich schon seit langem, und später würde ich gerne Biologie mit Schwerpunkt Naturschutz studieren.“ Das Jahr Praxis kann sie sich dabei als Wartesemester oder auch als Praktikum anrechnen lassen.

Zwei Jahre nach dem Start des Freiwilligen Ökologischen Jahres ist die Nachfrage unter Jugendlichen ungebrochen hoch. „Auf 80 Plätze hatten wir dieses Jahr schon bis Juni 500 schriftliche Bewerbungen und noch mal so viele Nachfragen“, erzählt Frau Karin Nohl von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Von ihrer Behörde werden die Jugendlichen verteilt. Neben der Vermittlung der Einsatzstellen stehen Seminare zu Themen wie Müll, Energie oder Ernährung auf dem Programm.

Nicht alle Jugendlichen, die sich für ein Ökojahr entscheiden, haben so genaue Zukunftsvorstellungen wie Janina. „Viele kommen zu uns, weil sie noch keine Lehrstelle gefunden haben oder nach der Schule etwas Zeit brauchen, um sich zu orientieren“, so Susanne Salinger, Pädagogin der Stiftung Naturschutz Berlin. Alexander Paul zum Beispiel, der sein Ökojahr gerade beendet hat, hatte letztes Jahr noch keine Lehrstelle. „Ich wollte einfach nicht auf der Straße sitzen.“

Die Liste möglicher Einsatzorte ist so lang wie vielfältig. „Die Jugendlichen können sich aussuchen, ob sie lieber im Freien, im Büro oder in der Umwelterziehung arbeiten wollen“, erklärt Susanne Salinger. Biohöfe bieten ebenso Arbeitsstellen an wie der BUND, das Umweltbundesamt oder das Greenpeace-Büro. „Wichtig für uns ist, daß die Jugendlichen ein eigenes Projekt bearbeiten und nicht einfach im Tagesablauf untergehen.“ Dabei kommt es auch schon mal zu Mißverständnissen. „Wenn Einrichtungen zum erstenmal Jugendliche aufnehmen, kommt es manchmal zu Reibereien. Mal werden die Jugendlichen völlig allein gelassen, mal bevormundet oder als billige Arbeitskraft mißbraucht.“ Doch wer unzufrieden ist, der kann jederzeit wechseln.

Das tat auch Alexander Paul, nachdem er sich beim „Besseren Müllkonzept“ nicht wohlgefühlt hatte. Richtig gut wurde es dafür beim „Aktiven Tierschutz e.V.“ in Lichtenberg. „Es ist ein tolles Gefühl, wenn du selber was auf die Beine gestellt hast.“ Hat das vergangene Ökologische Jahr die Erwartungen erfüllt? „Die Zeit ist auf jeden Fall effektiv genutzt. Außerdem habe ich eine Menge über Umweltschutz gelernt, vor allem aber auch, daß es ein Arbeitsklima gibt, wo dir nicht ständig jemand über die Schulter schaut und Streß macht“, so Alexander. Kerstin Schweizer

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