Nato setzt Marschflugkörper gegen Serben ein

■ Während die Nato nur Radarsysteme und militärische Stellungen getroffen haben will, sprechen die bosnischen Serben von hohen Verlusten unter der Zivilbevölkerung

Sarajevo (AP/AFP/dpa/taz) – Zum erstenmal seit dem Golfkrieg 1991 hat die Nato in der Nacht zu Montag Cruise Missiles eingesetzt. Ziel der 13 „Tomahawk“- Marschflugkörper, die vom US-Kreuzer „Normandie“ in der Adria abgeschossen wurden, waren Radarsysteme und Flugabwehrstellungen der bosnischen Serben bei Banja Luka. Auch gestern setzten Nato- Kampfflugzeuge ihre Angriffe gegen befestigte Anlagen auf dem Berg Jahorina bei Pale sowie bei Hadzići südwestlich von Sarajevo fort. Vier deutsche Tornado-Flugzeuge nahmen wieder an den Angriffen teil. Auf dem Berg Majevica bei Tuzla zerstörten Nato-Bomber nach bosnischen Quellen eine Relaisstation. Damit sind nach Angaben der Belgrader Nachrichtenagentur Beta alle Telefon-, Telex-, Rundfunk- und Fernsehverbindungen zwischen den serbischen Zentren Pale, Bijeljina und Banja Luka unterbrochen.

Die Serben erklärten dagegen, die Angriffe auf Banja Luka hätten zivile Einrichtungen wie die Strom- und Wasserversorgung und die Telefonverbindung in die Region unterbrochen. Es habe zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Ein Nato- Sprecher in Neapel erklärte dagegen, er sei ziemlich sicher, daß die Raketen die serbischen Anlagen getroffen haben. Die Auswertungen über das Ausmaß der Zerstörungen seien noch nicht abgeschlossen. Sinn des Vorgehens war es nach Nato- Angaben, den Serben die Schlagkraft der Nato unabhängig vom Wetter und ohne Risiko für Piloten zu demonstrieren.

Nachdem ein Treffen zwischen Serben- General Ratko Mladić und UN-Kommandeur General Bernard Janvier am Sonntag in Belgrad nicht zu einer Vereinbarung über den Abzug der schweren Waffen aus Sarajevo geführt hatte, waren die Luftangriffe am Sonntag abend wieder aufgenommen worden. Vertreter der bosnischen Serben in Pale warfen daraufhin der Nato vor, ihr Mandat überschritten zu haben. Nach ihrer Darstellung war bei dem Treffen Janviers mit Mladić vereinbart worden, die Luftangriffe für mehrere Stunden auszusetzen. Nach dem Scheitern der Gespräche seien die Bombardierungen jedoch ohne die UN-Konsultation wiederaufgenommen worden.

Offenbar wegen der andauernden Nato-Luftangriffe gegen die bosnischen Serben hat Rußland ein Treffen mit Vertretern der Nato beantragt. Eine entsprechende Sitzung begann gestern abend. gb Tagesthema Seite 3