■ Jüdische Grundschule
: Blume der Hoffnung

„Die Eröffnung der Schule ist für uns etwas ganz Besonderes“, sagte der Gemeindevorsitzende Jerzy Kanal. „Wir mußten fünfzig Jahre auf den Neubau warten, da nicht genug jüdische Kinder für die Schule da waren.“ Das habe sich jetzt mit der Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion geändert. Ziel der Grundschule sei es, so Jerzy Kanal, Kindern unterschiedlicher Nationalitäten eine „feste jüdische Identität“ zu vermitteln. Um Toleranz, Verständigung und Verständnis für den anderen zu lehren, werden auch nichtjüdische Kinder aufgenommen.

Die im Grunewald gelegene Schule, benannt nach dem verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, Heinz Galinski, ist nach dem preisgekrönten Entwurf des israelischen Architekten Zvi Hecker gebaut worden. Die Form ist außergewöhnlich. Sie wurde einer Sonnenblume nachempfunden. „Es sollte kein mächtiges Gebäude werden, sondern eine kleine Stadt mit Ecken, Plätzen und Höfen, mit viel Raum zum Spielen, so der Architekt.

Mit 46,3 Millionen Mark lagen für den Senat die Kosten für den Schulneubau nur etwas über dem, was auch für eine normale Regelschule bezahlt werden muß. Die zusätzlichen Kosten seien vor allem den erhöhten Sicherheitsvorkehrungen und der koscheren Küche geschuldet, sagt Norma Drimmer, Schuldezernentin der Jüdischen Gemeinde.

In den dreißiger Jahren lebten rund 173.000 Juden in Berlin. Es gab 22 jüdische Grund-, Mittel- und Oberschulen. Im Juni 1942 wurde die letzte von den Nazis geschlossen. Erst 1986 wurde wieder eine jüdische Grundschule in der Bleibtreustraße eröffnet. Außerdem gibt es noch ein jüdisches Gymnasium und eine kleine Realschule. Beide Schulen haben ihr Domizil in der Großen Hamburger Straße in Mitte.

Heute zählt die jüdische Gemeinde über 10.000 Mitglieder und ist damit die größte in Deutschland. Die meisten der Gemeindemitglieder, mindestens 7.000, kommen aus der ehemaligen Sowjetunion.

Die neueröffnete Ganztagsgrundschule – konzipiert für über 400 Schüler – ist zwar noch nicht ganz fertig, doch der Unterrichtsalltag für die rund 218 jüdischen und nichtjüdischen Schüler und Schülerinnen hat längst begonnen. Sie sind von ihrer neuen Schule begeistert. Einziger Nachteil, so der zehnjährige Sascha: „Statt Eiscreme gibt es immer nur Obst zum Nachtisch.“ Michaela Eck