■ Der Fotoband: Schrumpfwelt
Menschen – immer im Vordergrund – vor den Wundern unserer Erde. Dicke, Dünne, oft in Gruppen, behängt mit touristischen Utensilien wie Kamera, Stadtplan oder Strohhut. Der Fotoband von Martin Parr, „Small World“, zeigt die touristische Regsamkeit – weltweit. Bilder, die Stereotypen des Reiserummels auffangen. Bilder, die selber stereotyp sind und sich in ihren Motiven, ob Neuschwanstein oder Dschungeltour, ähneln. Auch die Aufnahmetechnik ist stets die gleiche. Wunderschöne Hochglanzfotos zum Thema Reisen aneinandergereiht und doch nicht für die schöne Welt der Reiseführer geeignet. Denn das Stereotyp entlarvt sich durch den überraschenden Moment. Der fotografische Kick, die Ironie liegt im mürrischen Blick der Pyramidenbewunderin, dem Bali- Hemd, das sich vor der Sagrada Familia in Barcelona über den breiten Rücken wölbt, oder im militärischen Gleichschritt der Wandergruppe. Touristische Highlights unter strahlendem Himmel mit leicht befremdlichen Details.
Small World zeigt eine sich angleichende Welt. Eine Einheitskultur. Genau dieser will der Reisende entkommen. Er macht sich auf zu anderen Gefilden und schaut dann in Bali bei belgischem Bier deutsche Nachrichten. Wo der Tourismus mit der anderen Kultur lockt, ist diese längst zur Folklore am abendlichen Swimmingpool degeneriert. Die ganze Welt als Surrogat, nicht nur im japanischen Themenpark, wo das romantische Deutschland exakt nachgestellt ist.
Bis zum Jahr 2000 wird die Tourismusbranche der weltweit größte Wirtschaftszweig sein. Ein kleiner Teil der Menschheit darf reisen, reisen, reisen. Vor zuviel Befremdlichkeit wird gewarnt. Bitte, buchen Sie rechtzeitig! Edith Kresta
„Small World“, Fotografien von Martin Parr, Text von Simon Winchester, Heidelberg 1995, 96 Seiten, 69 farbige Abbildungen, 78 DM
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