: Und doch wieder Çiller
■ In der Türkei soll es eine Neuauflage der bereits gescheiterten Koalition geben
Ankara (AFP) – Die amtierende türkische Minsterpräsidentin Tansu Çiller will die Regierungskrise in der Türkei durch eine Neuauflage der vor fast vier Wochen gescheiterten Koalition mit den Sozialdemokraten beilegen. Ihre Partei des Rechten Weges (DYP) und die sozialdemokratische Republikanische Volkspartei (CHP) hätten sich entschlossen, es erneut zu versuchen, erklärte Çiller gestern überraschend nach einem Gespräch mit CHP-Chef Deniz Baykal. Beide Parteien seien „zu einer Grundsatzvereinbarung gekommen, um eine neue Koalition zu bilden und um zu vermeiden, daß das Land ohne Regierung bleibt“, sagte Çiller. Die DYP stellt im Parlament die größte Fraktion, die rechtskonservative Mutterlandspartei (ANAP) die zweitgrößte.
Die Gespräche waren möglich geworden, nachdem gestern der Polizeipräfekt von Istanbul, Necdet Menzir, zurückgetreten war. Die Sozialdemokraten hatten seine Ablösung gefordert, nachdem er ein Führungsmitglied der CHP, den früheren Staatsminister für Menschenrechtsfragen, Algan Hacaloglu, kritisiert hatte. Menzir hatte dem Politiker vorgeworfen, er kritisiere im Ausland die Menschenrechtssituation in der Türkei und betreibe damit das Spiel der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Çiller hatte sich in den gescheiterten Verhandlungen, die zum Bruch der Koalition geführt hatte, gegen eine Entlassung Menzirs gesträubt.
Eigentlich war nach der Abstimmungsniederlage von Çillers Minderheitsregierung im Parlament am Sonntag damit gerechnet worden, Çiller werde endgültig als Regierungschefin zurücktreten. Tatsächlich nahm Staatspräsident Süleyman Demirel gestern auch den Rücktritt Çillers an. Der aber war nach der Vereinbarung über eine neue Koalition nur mehr eine Formsache – Demirel nominierte keinen anderen Politiker zur Bildung einer Regierung. Tansu Çiller führt die Amtsgeschäfte weiter.Kommentar Seite 10
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