Frauenquote scheidet Bremer Geister

■ CDU und AfB begrüßen Luxemburger Urteil, SPD und Grüne empört / Quote jetzt ungültig

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegen die Bremer Frauenquote (Seite 1, 3 und 10) steht dem Senat jetzt ein Streit um die Novellierung des 1990 in Kraft getretenen Landesgleichstellungsgesetzes bevor. Finanzsenator Ulrich Nölle, der gestern bei der Urteilsverkündung in Luxemburg persönlich dabei war, lobte die Entscheidung als Beitrag zum „Prinzip Chancengleichheit“.

Die mit dem Bremer Gleichstellungsgesetz beabsichtigte „Ergebnisgleichheit“ – also die gezielte Bevorzugung von Frauen, bis sie zur Hälfte in allen Berufen und Gehaltsstufen vertreten sind – entspreche „weder unserer Verfassung noch der Europäischen Rechtsordnung“, so Nölle. Ansonsten sei der Bremer Frauenförderplan von dem Urteil jedoch nicht betroffen.

Ganz anders klang dagegen Nölles Koalitionspartnerin Tine Wischer. „Mit geballter Frauenkraft“ müßten jetzt die Errungenschaften der Frauenförderung verteidigt werden, forderte die Frauensenatorin. Die Quote sei mit dem Luxemburger Urteil keineswegs „ausdrücklich vom Tisch“. Lediglich §4 des Landesgleichstellungsgesetzes, nach dem Frauen bei gleicher Qualifikation grundsätzlich „vorrangig zu berücksichtigen“ sind, dürfe nun nicht mehr angewandt werden. „Dies ist jedoch nur ein kleiner Teil des Gesetzes“, sagte Wischer, der Rest gelte weiterhin. Sie sehe deshalb „keinen Grund zu überstürztem Handeln“.

Nicht nur die Koalition, auch die Opposition ist nach der Luxemburger Entscheidung gespalten. Die Fraktionssprecherin der AfB, Elke Kröning, forderte den Senat auf, das Urteil „ohne Richterschelte“ umzusetzen. Denn nun stehe fest, „daß das Grundrecht einzelner höher zu bewerten ist als das einer Gruppe“. Die frauenpolitische Sprecherin der grünen Bürgerschaftsfraktion, Maria Spieker, bezeichnete das Urteil dagegen als „schweren Rückschlag für die Frauenförderung“. Der Senat dürfe deshalb aber „die Hände nicht in den Schoß legen“, sondern solle mit einer Bundesratsinitiative die Bundesregierung auffordern, Frauenförderung auf EU-Ebene „vertragsgemäß abzusichern“.

Diese Forderung will Bremens EU-Abgeordnete Karin Jöns (SPD) bereits heute in den Frauenausschuß des Europa-Parlaments einbringen. An dieser Beratung über das Luxemburger Urteil wird auch der für Frauenpolitik zuständige EU-Kommissar Padraig Flynn teilnehmen. Sehr viel Hoffnungen setzt Karin Jöns allerdings nicht in ihn. „Das Urteil liegt leider voll im allgemeinen politischen Trend auf europäischer Ebene“, weiß sie. Auch der EU-Ministerrat verschleppe seit langem wichtige frauenpolitische Gesetze.

Der Gartenbauingenieur Eckhard Kalanke, der vor vier Jahren mit einer Klage gegen die Bevorzugung seiner Kollegin Heike Glißmann bei einer Beförderung die Luxemburger Entscheidung ausgelöst hatte, ließ gestern über seine Anwälte verkünden, er werde nun Schadensersatz für das entgangene Gehalt einfordern. Damit wird er jedoch kaum Erfolg haben, denn bis hin zum Bundesarbeitsgericht hatten alle deutschen Gerichte die Bremer Frauenquote für rechtmäßig erachtet – und einen Gesetzesverstoß hat es in seinem Bewerbungsverfahren nicht gegeben.

Auch ansonsten wird sich der persönliche Gewinn des Gartenbauers aus dem Urteil in engen Grenzen halten. Denn selbst wenn nach der nun folgenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts das Bewerbungsverfahren um den Sachgebietsleitungs-Posten in ein paar Jahren erneut durchgeführt werden sollte, dürfte Kalanke keineswegs besser qualifiziert sein als seine Kollegin Glißmann. Die hat den Job inzwischen schließlich fünf Jahre lang gemacht. Und ihr damals abgeblitzter Mitbewerber wird dann kurz vor der Pensionierung stehen. Ase