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Palästinenser haben Land in Sicht

Die von Gaddafi auf das Mittelmeer geschickten Palästinenser dürfen nach Syrien. Aber 650 weitere sitzen an der ägyptischen Grenze fest  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Die Odyssee von 650 PalästinenserInnen im Mittelmeer scheint beendet zu sein. Die meisten von ihnen werden voraussichtlich doch von Syrien aufgenommen werden. Zunächst hatten sich die syrischen Behörden geweigert, die aus Libyen ausgewiesenen PalästinenserInnen einreisen zu lassen. Gestern erklärte der syrische Geschäftsträger in Zypern, alle Abgeschobenen, die über syrische Reisedokumente verfügen, würden aufgenommen. Nach Angaben palästinensischer Diplomaten sollen rund 600 der PalästinenserInnen diese Voraussetzung erfüllen. Kurz bevor die Vertriebenen die frohe Botschaft erhielten, war es gestern zu einer Schlägerei an Bord des Schiffes gekommen.

Dagegen hat sich für die 650 an der ägyptisch-libyschen Grenze gestrandeten PalästinenserInnen nichts geändert. „Die Lage verschlechtert sich fast stündich“, faßte gestern der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Kairo, Panos Moumtzis, ihre Situation zusammen. Die meisten von ihnen vegetieren seit sechs Wochen in dem Lager auf der libyschen Seite der Grenze. Die ägyptischen Behörden weigern sich, sie einreisen zu lassen, solange ihre Weiterreise nicht geklärt ist. Am problematischsten, so Moumtzis, sei die Versorgung mit Wasser und Nahrungsmitteln. Im Moment verteilen MitarbeiterInnen des UN-Flüchtlingshilfswerks Mineralwasserflaschen, um wenigstens die Trinkwasserversorgung zu gewährleisten. Mitarbeiter des UNHCR registrierten gestern 67 Diarrhöe-Fälle. Betroffen sind vor allem die 98 Kinder im Lager. Die meisten von ihnen sind jünger als sechs Jahre.

Unterdessen wächst das improvisierte Lager. Jeden Tag stoßen zwei bis drei neue Familien dazu, erzählt die UNHCR-Mitarbeiterin Basima Nafati, die gerade von einem einwöchigen Aufenthalt im Lager nach Kairo zurückgekehrt ist. Vor wenigen Tagen habe das Lager durch Regenfälle unter Wasser gestanden. Da die Zelte nicht imprägniert sind, mußte das gesamte Hab und Gut der Einwohner am nächsten Tag in der Sonne getrocknet werden.

Angst hätten die Palästinenser auch um die spielenden Kinder. In der Nähe sollen sich Minenfelder aus dem Zweiten Weltkrieg befinden. Die Verzweiflung unter den Einwohnern wächst. Sie werde ihr Kind „Al-Aid – die Rückkehr“ nennen in der Hoffnung, daß dieser Alptraum bald vorbei ist, kündigte etwa eine hochschwangere Frau gegenüber der UNHCR-Mitarbeiterin an.

Ein Dutzend abgebrannte Zelte und ein ausgebranntes Autowrack zeugen davon, daß die Einwohner der Lagers in den letzten Wochen nicht passiv geblieben sind. Mehrmals blockierten sie die Straße und damit den gesamten Grenzverkehr zwischen Ägypten und Libyen. Dabei kam es vor zehn Tagen zu handgreiflichen Auseinandersetzungen mit der ägyptischen Grenzpolizei, in deren Verlauf mehrere Menschen verletzt und Autos und Zelte in Brand gesetzt wurden. Den Preis zahlten erneut die Einwohner: Ein palästinensischer Zahnarzt etwa verlor seine gesamte Ausrüstung. Er hatte in einem der abgebrannten Zelte eine kleine Praxis aufgebaut. Er wollte das Beste aus seiner Ausweisung machen. Bei der Abreise aus Tripolis hatte er seine Instrumente eingepackt, in der Hoffnung, in den palästinensischen Autonomiegebieten eine Praxis aufmachen zu können.

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