Fernverkehr fährt krakenartig

■ Gut für Wirtschaft und Politik: Lkw-Führungsnetz

Die BewohnerInnen der Langemarckstraße können aufatmen: Durchreisende Fernlaster haben dort keine Chance mehr. Queren sie Bremen von Süd nach Nord oder umgekehrt, dürfen Laster in Zukunft nur über die Neuenlander Straße fahren. Das zumindest wünscht sich Bausenator Bernt Schulte, der ein Lkw-Führungsnetz ausarbeiten ließ.

VerkehrsexpertInnen der Uni Aachen haben für „weniger als eine halbe Million Mark“ (Schulte) den Güterfernverkehr beobachtet und ausgewertet. Herausgekommen ist eine Straßenkarte Bremens: Über sie zieht sich eine violette Krake aus Bismarckstraße und Ostertordeich, Stader Straße und Parkallee. Auf diesen und gut zwei dutzend weiteren Straßen dürfen Laster Tag und Nacht brausen.

Schulte verspricht sich von dem Führungsnetz „mehr Planungssicherheit“. Spediteure und Wirtschaftsunternehmen könnten so ihre Touren langfristig festlegen und wüßten, daß keine Klagen gegen donnernde Laster zu befürchten sind. Denn das ist der zweite Vorteil für Wirtschaft und Politik: „Das Lkw-Führungsnetz ist justitiabel“. Wenn es erst Senat und Bürgerschaft passiert hat, werden RichterInnen kaum mehr für BürgerInnen urteilen können.

Der CDU-Bausenator setzt auf die freiwillige Mitarbeit der Fahrer und Unternehmer. Er will das Führungsnetz drucken lassen und an die Unternehmen verschicken. Schilder oder gar Verbote wird es vorerst nicht geben. Die Dauer des Versuchs ist noch nicht festgelegt. Falls sich die Trucker nicht an die Routenvorschläge halten, werden dies die BürgerInnen kaum merken: 94 Prozent der Laster brausen schon jetzt über die Führungs-Straßen, lediglich drei Prozent können von den Nebenstrecken gelotst werden. Schulte: „Es kommt keine grundlegende Umorientierung“.

Verkehrsberuhigung in der Innenstadt ist Schultes nächstes Ziel. „Die Pendler aus Niedersachsen will ich raus haben“, sagte er. Deren Autos besetzten Parkplätze, die besser für TouristInnen und EinkäuferInnen frei sein sollten. Schulte will daher den ÖPNV samt Parkplätzen am Stadtrand ausbauen. Trotz leerer Kassen, verspricht Schulte „den attraktiven Ausbau des Straßenbahnnetztes“.

Die Finanzlöcher halten den Bausenator ebenfalls nicht vom Bau des Hemelinger Tunnels ab. Im Januar 1996 wird er eine Projektgesellschaft als Tochter der Gewoba gründen. Schulte sitzt im Aufsichtsrat, der Geschäftsführer wird außerhalb Bremens gesucht. Ab 1997 werde gebaut. Die 560 Millionen Mark aus dem ISP und dem WAP stehen: „Es gibt keine Abstriche“. ufo/ Foto: Joost