Kleine Brötchen in Amman

Bei der Nahost-Wirtschaftskonferenz gibt es außer in Jordanien viel Skepsis gegenüber den israelischen Kooperationsplänen  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Läßt sich die krisengeschüttelte Region Nahost ökonomisch befrieden? Die Idee, den arabisch-israelischen Konflikt in einem Markt aufzulösen, ist nicht neu. Vor einem Jahr sollte sie auf einer großen Wirtschaftskonferenz in Casablanca mit großem Brimborium das erste Mal verwirklicht werden. Trotz der großen Fanfarenstöße ist bisher konkret wenig geschehen. Nach der ursprünglichen Bonanza-Stimmung kam der Kater. Es waren eben doch die politischen Probleme, die zuerst gelöst werden müssen, bevor alle Seiten ins Geschäft kommen können.

Am Sonntag findet nun drei Tage lang in der jordanischen Hauptstadt Amman die Nachfolgekonferenz zu Casablanca statt. 53 Länder haben ihre Teilnahme zugesagt. Neben den offiziellen Delegationen werden noch 1.000 private Geschäftsleute erwartet. Das Programm und die geplanten Projekte sind wesentlich bescheidener als in Casablanca. Drei Institutionen sollen ins Leben gerufen werden: Ein regionaler Rat für Tourismus, ein regionaler Rat über den sich private Geschäftsleute koordinieren sollen und eine regionale Entwicklungsbank.

Letztere, ein Kind des israelischen Außenministeriums, soll dem Vorbild der europäischen Entwicklungsbank nachempfunden werden. Mit einem Grundkapital von fünf Milliarden Dollar soll sie nach ihrer Gründung in Amman innerhalb der nächsten zwei Jahre, so die israelische Idee, ihre Arbeit beginnen. Die Regierung in Washington signalisierte bereits vollste Zustimmung.

Nun wird bereits seit zehn Monaten über die Einrichtung dieser Bank verhandelt. Noch ist es zweifelhaft, ob sie in Amman tatsächlich aus der Taufe gehoben wird. In den Golfmonarchien herrscht Skepsis, ob die Bank überhaupt von Nutzen ist und sie nicht zunächst nur viel kostet. Immerhin 40 Prozent des Kapitals soll aus der Region kommen. Auch die Europäer geben sich zögerlich.

Die israelische Delegation ist im Vergleich zu Casablanca zwar deutlich geschrumpft, aber dennoch hochrangig besetzt. Zur ersten Konferenz waren die Israelis mit ihrem halben Kabinett angereist und schürten mit riesigen Projektvorschlägen arabische Ängste vor einer israelischen Dominanz. In letzter Zeit profitiert Israel jedoch vor allem von dem Gefühl in den USA und Europa, daß der Nahe Osten stabiler geworden ist. Im letzten Jahr erlebte das Land einen wahren Boom. Auf 1,2 Milliarden Dollar werden die ausländischen Direktinvestitionen für dieses Jahr geschätzt.

Am aktivsten geben sich die jordanischen Gastgeber, die infolge der Konferenz massive Investitionen erhoffen. Von offizieller Seite wurden 27 Projekte in einem Umfang von 3,5 Milliarden US-Dollar vorgeschlagen. Mehr als 130 Projekte im Wert von einer Milliarde Dollar werden von privater jordanischer Seite vorgelegt werden.

Ägyptens Delegation zeigt sich dagegen zurückhaltend und sogar etwas befremdet über den offiziellen jordanischen Enthusiasmus. Trotz 75 vorgeschlagener Projekte, scheinen die ägyptische Delegationsmitglieder an die Konferenz nicht allzu große Erwartung zu knüpfen. „Wir sollten den möglichen Ausgang der Konferenz in Amman nicht übertreiben, was die Projekte angeht“, warnt der Staatssekretär für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Außenministerium, Rauf Saad. „Man kann eine Menge Institutionen einrichten, aber wenn die Menschen nicht daran interessiert sind, werden sie sich totlaufen“, drückt ein anderer Verantwortlicher seine private Skepsis aus. Wirtschaftliche Beziehungen mit Israel sind für die meisten ÄgypterInnen immer noch ein Tabu. In einer Umfrage sprachen sich 70 Prozent gegen israelische Firmen auf ägyptischen Boden aus und erklärten, daß sie keine israelischen Waren kaufen würden.

Die Zurückhaltung hat auch noch einen anderen Grund. Wichtige Staaten der Region werden dem Treffen in Amman fernbleiben werden. Syrien, Libanon, der Irak, Libyen und der Sudan boykottieren offiziell. Sie argumentieren, daß Israel nicht die Früchte eines Friedensprozesses kassieren kann, der eigentlich noch gar nicht richtig begonnen hat.

Dagegen herrscht in den USA eine wahre Amman-Begeisterung. Die Clinton-Regierung, auf einen Erfolg als Nahost-Makler erpicht, hat in den letzten Monaten die Werbetrommel gerührt. Obwohl nur 150 private US-Geschäftsleute auf die Konferenz eingeladen wurden, hatten sich ursprünglich 5.000 zu dem Treffen angemeldet. Auch die Anmeldungen von Europäern überstiegen das Platzangebot. Der Direktor der deutsch-ägyptischen Handelskammer in Kairo, Peter Göpfrich, faßt dieses Interesse trocken zusammen: „Niemand weiß, ob es sich lohnt, aber jeder will dabei sein.“