: Mit Lauben gegen Wohnungsnot
■ Heiße Debatte im Stadtentwicklungs- und Umweltausschuß
Im Streit um das Wohnen in Kleingärten machen die politischen Zankhähne dem Vorurteil von zwergnasigem Spießbürgertum alle Ehre: Seit Monaten wird im Stadtentwicklungs- und Umweltausschuß über diverse GAL- und CDU-Anträge zum eingeschränkten Wohnglück in der Laube ergebnislos debattiert. Gestern nun trafen sich die VertreterInnen der beiden Ausschüsse und Umwelt-Staatsrat Dirk Reimers sowie rund 20 aufgebrachte KleingärtnerInnen, um endlich Konsens zu erzielen. Die erhoffte Abstimmung wurde aber vertagt: Weitere Anhörungen seien nötig.
Dabei bedarf das Problem – freier Wohnraum wird nicht genutzt, obwohl der Bedarf riesig ist – dringend der Klärung: Seit dem Bundeskleingartengesetz von 1983 ist das dauerhafte Wohnen in den Lauben verboten. Wer aber schon vorher in den sogenannten „Behelfsheimen“ lebte, in die viele nach dem Krieg einzogen, darf bis zum Tod oder Auszug dort weiter wohnen. Von den insgesamt rund 2500 Hamburger Behelfsheimen werden auf diese Weise jährlich knapp 80 frei. Die Häuschen werden dann abgerissen, obwohl mehr als ein Viertel nach Auskunft der Umweltbehörde in einem „befriedigenden baulichen Zustand“ ist.
Und um den Erhalt eben dieser 25 Häuschen geht es der GAL: Angesichts der Wohnungsnot fordert sie, diese Wohnungen nicht mehr zu vernichten, sondern Bedürftigen zur Verfügung zu stellen: „Es geht nicht darum, auf Kleingartenflächen im Innenstadtbereich schmucke Einfamilienhaus-Siedlungen zu fördern oder Grünzüge zu zerstören“, argumentierte die stadtentwicklungspolitische GAL-Sprecherin Heike Sudmann. Die KleingärtnerInnen, die um ihre Lauben fürchten, stimmten zu. Vergeblich. Die Erschließungskosten seien zu hoch, meinten die Senatsvertreter, nicht achtend, daß es die Häuser ja bereits gibt. Außerdem könnte der Kleingarten-Landesverband Ersatzflächen fordern, falls die Grünflächen zum Wohnen genutzt würden.
Was niemand bedacht hat: Der Bedarf an Wohnraum für dringend Hilfebedürftige ist in Hamburg enorm. Allein im vergangenen Jahr wurden 30 Millionen Mark für die Unterbringung Obdachloser in Hotels und Pensionen ausgegeben, weil staatseigene Unterkünfte fehlten. hh
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