: Unterm Strich
Aufregung um die Sozialdemokratie auf den Fluren, die halbe Redaktion steht in kleinen Grüppchen vor Bildschirmkästen, um Oskar zu kucken, aber die Kurzmeldungen, meine Damen und Herren, Genossen und Narrhallesen, wollen ja auch noch geschrieben sein, niwohr? Zum Beispiel, daß vor der Haustür, im der Redaktion nur zu gut bekannten Berliner Stadtteil Neukölln (o ja, o ja!), und zwar an der dortigen Oper (gibt's da wirklich!), die erste Hauptstadtrevue vorbereitet wird. „Na also, wird doch!“, so der Titel, erzählt als Revue die Geschichte des ersten Bonner Abgeordneten, der voller Tatendrang nach Berlin zieht und von der personifizierten Berolina in ihren Bann gezogen wird. Themenbereiche und Aspekte: Zigarettenschmuggel, Baustellen, Eigentumsfragen und in Bonn zurückgelassene Ehefrauen. Na, was das wieder gibt! Wahrscheinlich bißchen was Schlüpfriges, Spree-Paris und so, wo tüchtig auch im Allegorischen der Neukölln-Erotik gefischt wird – und janz Balin is wieda eene Wolke.
Der deutsche PEN-Club will den von islamistischen Organisationen mit dem Tode bedrohten ägyptischen Literaturwissenschaftler Nasr Hamed Abu Zaid und seine Frau, die Kairoer Romanistin Ibtihal Junis, zu Ehrenmitgiedern erklären. Das berichtete Günter Wallraff am Dienstag abend bei einem Vortrag Abu Zaids in Köln. Der Wissenschaftler und seine Frau waren im Juni von einem ägyptischen Gericht zwangsweise geschieden worden (wir berichteten). Der Richter war dem Antrag islamistischer Anwälte gefolgt, die Abu Zaid wegen seiner Schriften zum Ungläubigen erklären lassen wollten. Ein vom Glauben abgefallener Muslim (was Zaid definitiv nicht ist), so die Argumentation, dürfe nicht mit einer Muslimin verheiratet sein.
Mickey Mouse (siehe auch oben) muß doch nicht raus aus Europa. Erstmals seit seiner Installation im Jahre 1993 ist Eurodisney, der bislang nicht sonderlich beliebte Zerstreuungspark in der Nähe von Paris, in diesem Jahr dabei, vom Umsatz her schwarze Zahlen zu schreiben (nachdem sich in den beiden vergangenen Jahren 7 Milliarden Franc Schulden angehäuft haben sollen). Philippe Bourguignon, Chef von Eurodisney, vermeldet eine „positive Dynamik“, die durch Verträge mit der Restaurantkette „Planet Hollywood“ (im Besitz von Arnold Schwarzenegger, Bruce Willis und Sylvester Stallone) und andere Attraktionen noch beschleunigt werden soll. Die kleinen Anteilseigner, die mit 39 Prozent drinstecken in der Disney-Sache, können aber noch lange nicht aufatmen. 15 Milliarden Franc müssen insgesamt noch an die Gläubiger abgeführt werden.
Das Auftaktkonzert zur David-Bowie-„Outside“- Tournee am vergangenen Dienstag soll, will man dpa- Mitarbeiterin Kirsten Thieme Glauben schenken, so ziemlich in die Hose gegangen sein. Trotz
einer aufwendigen Light-Show, eines „phantasievollen Bühnenarrangements“ und eines „Stars, der sich viel Mühe gab“, sprang „der Funke nicht über. Obwohl die Bowie-Anhänger dem 47 Jahre alten Künstler sichtlich mehr Kredit gaben als der wenig belebenden Vorgruppe „Morrissey“ [wer soll das denn sein? Die gute Kirsten Thieme meint wahrscheinlich den Ex-Smiths-Mann Stephen Patrick Morrissey. Hey, dpa! Gib uns den Phillip Roser wieder, im Ernst, gib uns den Roser!], kam keine besondere Stimmung auf. David Bowie sprang in seinem schwarzweißen Shirt über die Bühne und tanzte wild unter hin- und herschwebenden Scheinwerfern. Aber er tat zuwenig, um das Publikum „in die Show einzubeziehen“.
Ist das nicht doll? Man liest die Meldungs- Headline „Künstler-Weinflaschen kommen im Elsaß unter den Hammer“, und sofort und total ungefragt stellt sich die Assoziation „Tomi Ungerer“ ein. Und dann steht da plötzlich tatsächlich auf diesem dpa-Zettel: „Der Erlös dieser Aktion, für die unter anderem der aus Straßburg stammende Karikaturist Tomi Ungerer und der elsässische ,Aktionskünstler‘ Raymond Waydelich zu Pinsel und Zeichenstift griffen...“ Frage jetzt an alle: Was hat die Synapse letzlich zum Einrasten gebracht? War es das Stichwort „Wein-Flaschen“,„Elsaß“ oder gar „Hammer“? Habt ihr da draußen schon ähnliches erlebt? Wie immer, Leserinnen und Narrhallesen – schreibt!
Schlecht bestellt scheint es um die Ausbildung von Designern in Deutschland zu sein. Nach den Worten von Professor Peter Zec, zweifacher Lehrauftragsträger (Berlin und Essen) und Leiter des Designerzentrums in NRW, ist sie sogar „auf dem absteigenden Ast“. Überhaupt sei „Deutschland kein Land mehr, in dem man sich ausbilden läßt. Die Zeiten, in denen Eliten im Ausland ihre Kinder hier studieren ließen, sind vorbei.“
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