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Ein russischer Trinkspruch

Der Gast erhob das Glas: „Lassen Sie uns auf die Angeklagten trinken. Möge ihr Weg direkt vom Gericht ins Grab führen!“ Er sprach russisch. Erst als die Gläser geleert waren, wurde der Trinkspruch übersetzt. Die Gastgeber erstarrten. Die Szene spielte am 26. November 1945 im Nürnberger Grand Hotel. Andrej Wischinski, von 1936 bis 1938 sowjetischer Hauptankläger bei den berüchtigten Moskauer Prozessen, hatte seine alliierten Kollegen in größte Verlegenheit gestürzt.

Wischinski war bei den Richtern und Anklägern des Internationalen Militärgerichtshofes zu Gast. Sechs Tage zuvor hatte der Prozeß begonnen. Der Exekutor der Stalinschen Mordprogramme hatte mit dem Nürnberger Prozeßgeschehen zwar nichts zu tun. Aber wenn die Szene, 1992 von einem Augenzeugen aufgeschrieben, schon damals in die Presse gekommen wäre, hätten sich die Verteidiger der Angeklagten die Hände gerieben. Und ihre Mandanten hätten die Episode als endgültigen Beweis dafür genommen, daß sie in Nürnberg einer „Siegerjustiz“ ausgeliefert waren. Niels Kadritzke

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