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Irland stimmt für die Scheidung

Die Befürworter siegen bei dem Referendum denkbar knapp mit 9.000 Stimmen. Die Grüne Insel ist gespalten: die städtische Bevölkerung votiert pro, die ländliche contra  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Mit einer Mehrheit von 0,6 Prozent – nur rund 9.000 Stimmen – entschieden die IrInnen am Freitag, daß sie sich künftig scheiden lassen dürfen, wenn sie mindestens vier Jahre getrennt gelebt haben. Nach der ersten Auszählung war der Vorsprung sogar noch geringer. Tim Sexton, der den Ablauf des Referendums leitete, ordnete eine Neuzählung an. Es stellte sich heraus, daß mehr als 900 Ja-Stimmen von den Wahlbeamten der Gegenseite zugeschustert worden waren.

Die Scheidungsgegner kündigten dennoch rechtliche Schritte gegen die Volksabstimmung an. Vor zehn Tagen hatte das höchste irische Gericht nämlich auf Antrag der grünen Europa-Abgeordneten Patricia McKenna entschieden, daß keine Regierung Steuergelder für den Stimmenfang ausgeben darf. Zu dem Zeitpunkt war freilich der größte Teil der eingeplanten halben Million Pfund längst weg.

Bei den PolitikerInnen – sämtliche Parteien sprachen sich für die Verfassungsänderung aus – löste das Ergebnis Erleichterung aus. „Ein Sieg ist ein Sieg“, sagte Premierminister John Bruton und fügte hinzu: „Es mag nur ein knapper Vorsprung sein, aber es ist dennoch eine deutliche Stimme für das Recht auf eine zweite Ehe.“ Die konservative Politikerin Alice Glenn meinte jedoch: „Das Volk hat entschieden, und die Botschaft lautet, daß unser Parlament nur für die Hälfte der Bevölkerung spricht.“ Der pensionierte Richter und Vorsitzende der Anti-Scheidungskampagne, Rory O'Hanlon, sagte: „Die Leute in den Städten sind faul und stehen der kirchlichen Lehre feindselig gegenüber.“

Das Referendum illustrierte wie erwartet die Spaltung der Grünen Insel: Während die Landbevölkerung in sämtlichen 25 Wahlkreisen gegen die Verfassungsänderung stimmte, votierten die StädterInnen mehr oder weniger deutlich dafür – in Dublin mit Zweidrittelmehrheit, in der zweitgrößten Stadt Cork dagegen nur mit elf Stimmen Vorsprung.

Der Kampf um die Stimmen wurde bis zuletzt erbittert ausgefochten. Die ScheidungsgegnerInnen hatten im Endspurt den Papst und Mutter Teresa aufgeboten, und Bischof Thomas Flynn kündigte an, daß Geschiedenen künftig die Kommunion und die Sterbesakramente verweigert würden.

Aus Nordirland meldete sich John Taylor, der Vizechef der Unionistischen Partei, zu Wort. Irland habe „Nein“ zum Papst gesagt, meinte er: „Das ist der Beginn einer pluralistischen Gesllschaft.“ Von einer Verbesserung der Beziehungen zur Republik Irland könne jedoch keine Rede sein: „In Frankreich haben sie auch Scheidung“, sagte er, „aber ich will deshalb doch keine engeren Beziehungen zu Frankreich.“

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