: Geläuterter Loose für gehobene Traveller
■ Früher Schnorrer-Wegweiser, heute länderkundlicher Begleiter: Die orangefarbene „Südostasien-Bibel“ des Reisebuchverlegers erscheint in 10. Auflage
Als die erste Traveller-Welle nach Südostasien schwappte, war er bereits ein alter Hase. Zwanzig Jahre ist es nun schon her, daß Stefan Loose zum ersten Mal mit einer klapprigen Schreibmaschine im Rucksack aufbrach, um voller Idealismus zwischen Bangkok und Bali zu recherchieren.
Die Schreibmaschine hat längst ausgedient, doch die Traveller- Handbücher des Berliner Reisebuchautors gibt es noch immer. Ihre Modefarbe aus den 70er Jahren haben die orangefarbene „Südostasien-Bibeln“ behalten, aber Umfang und Inhalte haben sich stark verändert. Das zeigt sich besonders am Flaggschiff „Südostasien-Handbuch“, das nun schon – vollständig überarbeitet – in zehnter Auflage erschienen und auf das sinnvoll begrenzte, gerade noch handliche Maximum von 860 Seiten angewachsen ist.
Trotz des üppigen Umfangs sucht man längere Features vergebens, wie sonst in den ausführlichen Länderbänden des Hauses üblich. Denn die weitgehend detaillierten Reise-Infos für fünf Länder – Thailand, Malaysia, Singapur, Brunei und Indonesien – lassen dafür keinen Platz. Neben nützlichen Tips für preisgünstiges Reisen, die früher einmal das ausschließliche Credo und der Leserschaft Wegweiser auf ihrer „Schnorrer-Tour“ waren – listet das Handbuch neuerdings auch Hotels der gehobenen Preisklasse, Autovermietungen und Tauchschulen auf. Denn nach Meinung des Verlags verfügen die meisten Traveller von heute – im Gegensatz zu den Rucksacktouristen der 70er Jahre – über mehr Geld, aber weniger Zeit. Insgesamt 110 Landkarten und Stadtpläne – in der letzten Ausgabe noch handgezeichnet, jetzt übersichtlicher am Computer entworfen – erleichtern die Orientierung im Großstadtdschungel ebenso wie auf abseits gelegenen Trauminseln.
Auch heute noch ist Stefan Loose – nebst Ehefrau und Mitautorin Renate – jedes Jahr mehrere Monate unterwegs, um seine Bücher zu aktualisieren. Fragwürdige Touristenattraktionen, wie etwa Golfplätze, werden dabei ausgespart. Auch verfängliche Tips und Adressen (zum Beispiel von Rotlichtbezirken) gibt er inzwischen nicht mehr, dafür aber vermehrt länderkundlichen Hintergrund.
Daß Loose mit der Herausgabe seiner praktischen Reisebegleiter nicht nur unerbittlicher Wegbereiter für Touristen, sondern auch ein (möglichst) verantwortungsbewußter Liebhaber dieses Erdteils und seiner Bewohner ist, wird den LeserInnen wohl mitunter verborgen bleiben. Zur traditionellen Verlagspolitik jedoch gehören Gratisanzeigen für Umweltschutzorganisationen (zum Beispiel Greenpeace oder Robin Wood) genauso wie Spenden für Entwicklungshilfeprojekte (zum Beispiel Kinderhilfswerk Vietnam). Und so manchen heißen Insidertip, der sein „Südostasien-Handbuch“ zwar in aller Munde, aber den Bereisten unliebsamen Wandel oder gar Verderben bringen könnte, pflegt sich der Autor nunmehr lieber zu verkneifen. Volker Klinkmüller
Stefan Loose (Hrsg.): „Südostasien-Handbuch“. Stefan-Loose- Verlag, Berlin 1995, 39,80 DM
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen