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Der BND fliegt auf Plutonium

■ V-Mann bestätigt: Bayerisches LKA und BND organisierten Schmuggel von radioaktivem Material

Bonn (taz) – Jetzt wird's eng für den BND und die politisch Verantwortlichen. Vor dem Plutonium-Untersuchungsausschuß des Bundestags untermauerte der spanische BND-V-Mann „Rafa“ gestern seine schweren Vorwürfe gegen den BND. Der habe von vornherein gewußt und sogar veranlaßt, daß am 10. August vergangenenen Jahres 363 Gramm radioaktives Plutonium per Lufthansa von Moskau nach München geschmuggelt wurden, um auf dem Münchner Flughafen zu einem politisch nutzbaren Fahndungserfolg vor den Wahlen in Bayern und der Bundestagswahl zu kommen.

Vertreter des Bundesnachrichtendienstes hätten alle Schritte des V-Manns Rafa mit seinen Zwischenhändlern abgestimmt und sich eine Lieferung per Flugzeug gewünscht. Rafa gab an, vor dem Gericht in München „massiv“ durch Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes bearbeitet worden zu sein, um dort die Unwahrheit zu sagen. Er habe um das Leben seiner Frau und seines Kindes fürchten müssen. „Das muß Konsequenzen haben“, forderte am Ende der Sitzung das PDS-Ausschußmitglied Gregor Gysi.

Zumindest BND-Chef Konrad Porzner wird am Ende wohl gehen, sagte das Grünen-Untersuchungsausschußmitglied Manfred Such gestern im Interview mit der taz. Hermann Bachmeier von der SPD beklagte „eklatante Zustände im BND“, die durch den durchaus glaubwürdigen Zeugen Rafa aufgedeckt worden seien. BND-Chef Porzner, Bonns Geheimdienstkoordinator Schmidbauer und einige Herren bei der bayrischen Polizei müßten sich jetzt „noch wärmer anziehen“, jetzt werde es „sehr spannend“.

Selbst der CSU-Ausschußvorsitzende Gerhard Friedrich räumte öffentlich ein, nun gelernt zu haben, „daß der BND die ganze Zeit in der Sache drinsteckt“. Auf Herrn Schmidbauer „kommen sicher interessante Fragen zu“, sagte Friedrich vor Journalisten in Bonn. Und: „Wir müssen uns damit beschäftigen, daß der BND einen Zeugen nicht nur auf einen Prozeß vorbereitet, im Sinne, was man da anzieht, sondern möglicherweise massiv versucht hat, den Inhalt von Zeugenaussagen zu beeinflussen.“

Den 42jährigen Rafa werteten viele Ausschußmitglieder als weitaus glaubwürdiger als andere Zeugen zuvor, „weil der nichts mehr zu verlieren hat“, so Hermann Bachmeier. Am Ende der gestrigen Sitzung am Nachmittag outete der Zeuge Rafa sogar noch einen BND-Mitarbeiter, der unter dem Schutz der Kanzleramtsdelegationen in der Fragerunde Platz genommen hatte. Holger Kulick Siehe Seite 5

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