Sanssouci: Vorschlag
■ "Bella, Boß und Bulli" von Volker Ludwig im Grips-Theater
Die sind sieben Jahre alt und gehen in „dieser Stinkegegend“ zur Schule. Bella ist gerade mit ihrer Mutter hergezogen. Sie findet die neue Wohnung, die neue Schule, die neuen Kinder schrecklich. Victor Archibald wird häufiger Arschi gerufen und wünscht sich deshalb sehnlichst, „Boß“ genannt zu werden. Ein reiches Kind mit Chauffeur, das im Blazer mit Goldknöpfen in den Unterricht muß. Bulli hingegen ist frech und etwas verwahrlost. Er wird zu Hause kaum vermißt, und da er Angst vor Prügeln hat, treibt er sich lieber auf der Straße herum.
Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß Boß und Bulli in Wirklichkeit dieselbe Schule besuchen, aber soziale Unterschiede gibt es in jeder Klasse. Hier werden sie eher unfreiwillig überwunden: Die Jungen werden erpreßt von einem Größeren, dem sie nach der Schule ihr Geld abliefern müssen. Er droht damit, sie wegen kleiner Delikte wie dem Anpinkeln des väterlichen Mercedes oder einer kleinen Tour mit einem fremden Fahrrad bei den Eltern zu verpetzen. Jeder für sich hat gegen so einen keine Chance. Doch die drei Einzelkinder schließen sich zusammen und lassen sich etwas einfallen. Sie locken ihren Erpresser in die Falle, stecken ihn kopfüber in die Mülltonne und versohlen ihm mit Wonne den Po. Jubel beim jugendlichen Publikum.
Die Kids und ihr Familientherapeut Foto: Thomas Aurin
Volker Ludwig hat seit langer Zeit wieder ein Stück für jüngere Kinder geschrieben. Von Birger Heymann stammen die griffigen Songs. Doch ein bißchen zu prall ist hier das Leben. Die Erpressungsgeschichte auf dem Schulhof allein hätte gereicht – mit dem Hinweis, daß auch Eltern sich ähnlicher Methoden bedienen. So wird nicht nur ein Thema durchgespielt, sondern alle Register einer Komödie gezogen: Durch die Intervention von Bellas Mutter und mit tatkräftiger Unterstützung eines Hausmeisters, der Kinder eigentlich gar nicht leiden kann, lassen sich sogar die familiären Probleme von Boß und Bulli lösen. Die Kinder nehmen's freudig zur Kenntnis. Kindertheater mit Grips: funktioniert noch immer. Sabine Seifert
Nächste Vorstellungen: Sa., 16. 12., und So., 17. 12., 15 Uhr. Grips-Theater, Hansaplatz, Tiergarten. Sondervorstellungen für Schulklassen sind erst wieder im Januar möglich
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