: Milliardenlöcher in Berliner Landebahnen
■ Berliner Airports droht der Konkurs. Neue Finanzierungsidee für Großflughafen
Berlin (taz) – Das Logo der Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH (BBF) zeigt ein stilisiertes Dreieck der Airports Tegel, Tempelhof und Schönefeld. Doch als Symbol wäre der Pleitegeier angebrachter. Auch in diesem Jahr wird die BBF Verlust machen – schätzungsweise in Höhe von 16,7 Millionen Mark. Schlimmer noch, der aus den Ländern Berlin und Brandenburg (jeweils 37 Prozent) sowie dem Bund (26 Prozent) bestehenden Gesellschaft droht mal wieder der Konkurs: Ihr fehlen schon in den kommenden Tagen 65 Millionen Mark, die für Kredite und Zinsen fällig werden.
Gestern tagte der Aufsichtsrat, doch der mußte sich vornehmlich mit dem 70,6 Millionen Mark hohen Defizit des vergangenen Jahres beschäftigen. Grund für das anhaltende Minus sind Strukturprobleme: Nur Tegel im alten Westberlin erwirtschaftet Gewinn. Der innerstädtische Airport Tempelhof und der ehemalige DDR-Flughafen Schönefeld kosteten die Gesellschafter 1994 dagegen 33,1 und 32,3 Millionen Mark. Ihren Verlust konnte die BBF dieses Jahr nur verringern, weil sie Immobilien verkaufte.
Damit sie Ende dieses Jahres dem Konkurs entgeht, verhandeln die Flughafenmanager offenbar erfolgreich mit Privatbanken über die Umschuldung von Krediten. Vor drei Jahren ließ die Holding auf Pump 118 Hektar wertloses Ackerland überteuert aufkaufen, um die Rollfelder Schönefelds zu erweitern. Diese Pläne hat man inzwischen begraben, doch bei der Investition sind Schulden von rund 540 Millionen Mark aufgelaufen. Der größte Teil müßte in den nächsten Monaten zurückgezahlt werden. Auch das Land Berlin will helfen. Für 100 Millionen Mark will der Senat die Ackerfläche kaufen und so das Defizit reduzieren. Die bleibenden 440 Millionen Mark müßten alle drei Gesellschafter weiterhin unter sich aufteilen.
Da die Holding schon mit dem wirtschaftlichen Betrieb der drei Flughäfen überfordert ist, nimmt es nicht wunder, daß es auch beim geplanten Großflughafen Berlin Brandenburg International (BBI) nicht voran geht. Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) möchte das 13 Milliarden Mark teure Luftkreuz für bis zu 40 Millionen Passagiere jährlich in Sperenberg bauen – eine gigantische Investition in einer wirtschaftsschwachen Region , 45 Kilometer südlich der Hauptstadt. Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann und Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (beide CDU) freilich sind für den Ausbau des stadtnahen Airports Schönefeld. Das wäre nämlich erheblich billiger.
Ohnehin fehlt den drei Gesellschaftern das Geld zur Finanzierung des Großflughafens. Im Rahmen eines „Markttestes“ schrieb die BBF deshalb 40 potentielle Investoren an, um das Interesse der Privatwirtschaft an der Finanzierung des neuen Airports zu erkunden.
Das gestern bekanntgewordene Angebot einer Bonner Industrie Verwaltungs AG (IVG) sei allerdings nicht neu und werde auch nicht geprüft, berichtete Holding- Sprecherin Rosemarie Meichsner. Das unter anderem aus Töchtern von Daimler Benz und Lookheed sowie der Dresdner Bank bestehende Konsortium will angeblich 75 Prozent der Holding-Anteile übernehmen, dann Tempelhof so schnell wie möglich schließen und Schönefeld ausbauen. Die Gesellschafter würden das Angebot genauer untersuchen, wenn sie sich in der ersten Jahreshälfte 1996 auf den Standort des neuen Großflughafens geeinigt haben, sagte Meichsner gestern. In den vergangenen Monaten bereits hatte die Baufirma Philipp Holzmann AG mit Rückendeckung der Deutschen Bank bekundet, in das Flughafenprojekt am Standort Sperenberg einzusteigen.
Doch der Bau eines Großflughafens ist noch unwahrscheinlicher geworden, nachdem die Bundesregierung vor zwei Wochen entschied, daß sie zunächst die Beteiligung privater Unternehmen an Flughäfen weit weg von Berlin testen will: In Hamburg-Fuhlsbüttel und in Köln/Bonn. Hannes Koch
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