Die Wahl des geringsten Übels

■ CDU-Bürgermeister in Mitte gewählt. Die PDS will klagen

Auch in Mitte wird die Bürgermeisterwahl zu einem Fall für die Gerichte. Nach der überraschenden Wahl von Joachim Zeller (CDU) will die PDS seine Ernennung per gerichtlicher Anordnung verhindern. Zählgemeinschaften dürften nach ihrer Auffassung nur von Fraktionen gebildet werden, die ein Anrecht auf einen Stadtratsposten hätten. Dies ist beim Bündnis Mitte nicht der Fall.

„Betrug an der eigenen Mitgliedschaft“, sieht dagegen der SPD-Bildungsstadtrat Dankward Brinksmeier. Eine Kreisvollversammlung habe dezidiert beschlossen, keine Zählgemeinschaft für einen CDU-Kandidaten zu bilden.

Völlig unerwartet war der bisherige Gesundheitsstadtrat Joachim Zeller am Donnerstag abend zum Bezirksbürgermeister in Mitte gewählt worden. Insgesamt 23 Verordnete von SPD, CDU und Wählergemeinschaft Bündnis Mitte stimmten für, 21 gegen ihn. Der 43jährige Slavist hält sich selbst für „kompromißbereit, ohne zu polarisieren“ und will sich zur Not auch gegen Senatspläne stellen. So habe die CDU in Mitte bereits in der Vergangenheit das Bebauungskonzept für den Alexanderplatz abgelehnt. Verträgliche Stadterneuerung und die Entwicklung einer sozialen Infrastruktur seien im zukünftigen Regierungsviertel wichtig.

Noch am Nachmittag hatte ein Sieg der PDS-Kandidatin Sylvia Jastrzembski als sicher gegolten. Jastrzembski sprach von einer Allianz, die den Wählerwillen verbiege. Die PDS war nach den BVV-Wahlen am 22. Oktober mit 20 Sitzen die deutlich stärkste Fraktion geworden. Die SPD hatte nur zehn, die CDU neun, das Bündnis sechs Sitze erhalten.

Wenige Minuten vor Beginn der Bezirksverordnetenversammlung hatte ein Mitglied der SPD-Fraktion die Wählergemeinschaft aufgefordert, sich an einer Zählgemeinschaft für den CDU-Kandidaten zu beteiligen. Der amtierende Bürgermeister Gerhard Keil (SPD) sei für das Bündnis spätestens nach der Entmachtung der Baustadträtin Dorthee Dubrau (Bündnis) im Mai vergangenen Jahres nicht mehr wählbar gewesen, erklärte Frank Bertermann, Fraktionssprecher des Bündnis Mitte. Jastrzembski warf er ihre Funktion als SED-Spitzenkader zu DDR-Zeiten vor. Trotzdem hatte das Bündnis noch am Dienstag angekündigt, der PDS durch Stimmenthaltung zum Bürgermeisterposten zu verhelfen, um mit der PDS wenigstens Keil als Baustadtrat zu verhindern.

Nach Bekanntgabe der rot- schwarz-grünen Zählgemeinschaft hatte die PDS dem Bündnis angeboten, einen für sie wählbaren Bürgermeisterkandidaten aufzustellen. „Sie konnten uns aber keinen Namen nennen“, erklärte Bertermann, der nun heftige Diskussionen mit seiner Parteibasis erwartet. Gereon Asmuth