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SFB saniert, Senat zahlt drauf

■ SFB will Filmakademie aus dem Deutschlandhaus werfen. Verkauf der Immobilie ist aber unrealistisch

Der Schwarze Peter geht ausnahmsweise nicht an den Kultursenator, im Gegenteil: Er ist selbst Leidtragender einer Fehlentscheidung des SFB-Verwaltungsrats. Dessen jüngster Beschluß, mit der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) und der Stiftung Deutsche Kinemathek keinen neuen Mietvertrag abzuschließen, dürfte allerdings zum Eigentor werden. Das denkmalgeschützte Deutschlandhaus in der Pommernallee, so die irrwitzige Vorstellung des SFB-Verwaltungsdirektors Dirk Jens Rennefeld, soll bis Mitte nächsten Jahres geräumt werden, damit der Sender seine leere Kasse mit dem Verkauf der Immobilie auffüllen kann.

Der Rundfunkrat, der heute tagt, kann die Entscheidung des Verwaltungsrats zwar nicht rückgängig machen. Er könnte aber der Geschäftsleitung dringend nahelegen, den eigenen Ruf und Berlins Zukunftschancen als Medienstandort nicht mit einem Rausschmiß zu verwirken.

„Der SFB“, so Nikolaus Sander, kulturpolitischer Sprecher der SPD, „macht es wie der Finanzsenator. Statt zum Sparen notwendige Umstrukturierungen und die Fusion mit dem ORB voranzutreiben, geht er ans Tafelsilber.“ Dabei sind die Chancen für einen Verkauf denkbar ungünstig: Seit Jahren sucht die Sendeanstalt vergeblich einen Käufer und dürfte angesichts von derzeit einer Million Quadratmeter leerstehendem Büroraum so schnell auch keinen finden. Hinzu kommt, daß DFFB und Stiftung Deutsche Kinemathek im Jahr 2000 ohnehin in das von Sony geplante Filmhaus am Potsdamer Platz umziehen werden. Eine provisorische Umsetzbehausung würde den Kultursenator als Träger der beiden Institutionen mindestens 750.000 Mark kosten. Dies hätte, so warnt DFFB-Chef Reinhard Hauff, anderweitige Einsparungen zur Folge.

Der Studentenrat droht daher mit Hausbesetzung, zumal sich das Gerücht hält, die Filmhochschule stehe im Zuge der Länderfusion auf der Abschußliste, weil es ja noch eine Hochschule in Babelsberg gibt.

Die DFFB-Spitze entwirft in konzertierter Aktion mit den Rundfunkrat-Vertretern von SPD, PDS und Bündnisgrünen ein Alptraum-Szenario: Das Haus in der Pommernallee steht ab Sommer nächsten Jahres leer, DFFB und Kinemathek können ihrer Arbeit bei zwei Umzügen in vier Jahren kaum noch nachgehen. DFFB- Chef Reinhard Hauff hält den SFB-Verantwortlichen vor, daß sich die unrealistische Hoffnung auf Käufer gegen den Unterhalt für das entmietete Objekt und den Verlust der Mieteinnahmen beim besten Willen nicht rechnet. Auch um die Solidaritätsnoten von einflußreichen Institutionen wie Filmboard, Berlinale und Europäischer Filmakademie und von namhaften Regisseuren wie Wolfgang Petersen, Bela Tarr, Wenders, Geissendörfer, van Ackeren, Praunheim und vielen anderen schert sich die Sendeanstalt bisher nicht, erst recht nicht um ihren öffentlich- rechtlichen Auftrag zur Kulturpflege. Eine Ignoranz in eigener Sache, denn der SFB arbeitet mit der Hochschule regelmäßig zusammen: Erst vergangenen Donnerstag strahlte B1 koproduzierte Studentenkurzfilme aus.

Das leichtfertige Verspielen der Chancen Berlins, sich als Filmstadt und Medienstandort zu behaupten, hat Tradition, vor allem von seiten des Senats. Die Liste der Versäumnisse ist lang, angefangen beim seit 13 (!) Jahren immer wieder verzögerten Filmhaus-Projekt als Heimstatt für die renommierte DFFB und die Kinemathek mit ihren wertvollen Nachlässen, darunter der Marlene-Dietrich-Collection und der größten Filmbibliothek Deutschlands. Statt seine Schätze zu pflegen, riskiert man ihren Verlust. Christiane Peitz

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