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Das soziale Netz wird unbequemer

■ 1996 werden die Kosten des Sozialsystems steigen, besser wird es deshalb nicht

Bonn (AFP/dpa) – Das neue Jahr wird eine Reihe von Neuregelungen in der Steuer- und Sozialpolitik bringen. Einerseits werden Familien mit Kindern entlastet, andererseits werden die Beitragszahler etwa bei der Rentenversicherung stärker zur Kasse gebeten. Am 1. Januar treten unter anderem folgende Änderungen in Kraft:

Steuern und Kindergeld: Das Jahressteuergesetz bringt Entlastungen von insgesamt fast 19 Milliarden Mark für die Bürger: Das Kindergeld wird auf monatlich 200 Mark für das erste und zweite Kind, 300 Mark für das dritte und 350 Mark für jedes weitere Kind erhöht. Alternativ können Eltern auch den Kinderfreibetrag in Anspruch nehmen, der von 4.104 auf 6.264 Mark erhöht wird. Das Existenzminimum wird steuerfrei gestellt: Bürger mit einem Einkommen unter rund 12.100 Mark im Jahr müssen keine Einkommen- oder Lohnsteuer mehr bezahlen; für Verheiratete gilt der doppelte Betrag. Demnach hat ein Verheirateter mit zwei Kindern und einem Jahreseinkommen von rund 60.000 Mark etwa 200 Mark pro Monat mehr in der Tasche. Entlastungen von rund 8 Milliarden Mark bringt den Stromverbrauchern darüber hinaus der Wegfall des Kohlepfennigs.

Sozialversicherung: Der Beitragssatz zur Rentenversicherung steigt von 18,6 auf 19,2 Prozent. Auch Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung müssen im nächsten Jahr teilweise mit höheren Beiträgen rechnen. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) etwa planen eine Anhebung um etwa 0,5 Prozent in einigen Bundesländern. Bei ihnen liegen derzeit die Beiträge im Durchschnitt bei etwa 13,6 Prozent. Erst am 1. Juli 1996 mit Einführung der stationären Pflegestufe steigt der Beitragssatz zur Pflegeversicherung von 1,0 Prozent auf 1,7 Prozent. Zudem werden im nächsten Jahr die Beitragsbemessungsgrenzen in den Sozialversicherungen erhöht. Besser stellen sich die Rentner in den neuen Bundesländern: Ihre Renten werden um 4,38 Prozent erhöht, die Eckrenten im Osten erreichen dann 82,2 Prozent des Westniveaus.

Angehoben wird außerdem auch die versicherungsfreie Grenze für geringfügige Beschäftigungen von 580 auf 590 Mark im Westen und von 470 auf 500 Mark im Osten.

Kindergartenanspruch: Die aufgeweichte Regelung für einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz tritt in Kraft. Alle Kinder, die vor dem 1. August 1996 drei Jahre alt werden, bekommen einen Platz im Kindergarten garantiert. Das Gesetz sieht nach den jüngsten Änderungen für 1997 ferner zwei und für 1998 drei Stichtage vor. Der Rechtsanspruch für alle Kinder ab drei Jahren gilt erst ab 1999.

Mietrecht: Der besondere Kündigungsschutz für Mieter in den neuen Ländern wird von 1996 an nicht mehr gewährt. Dann kann dort wie im Westen leichter wegen Eigenbedarfs gekündigt werden. So ist eine Kündigung ohne Angabe von Gründen in Ein- und Zweifamilienhäusern möglich, die vom Vermieter selbst bewohnt werden. Die bundesweiten Sonderkündigungsmöglichkeiten gelten ab Anfang des Jahres zunächst nicht weiter. Gegen die dauerhafte Festschreibung, wie sie die Koalition im Bundestag durchgesetzt hatte, hat inzwischen der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen. Nach Auffassung der Länder soll das Sonderkündigungsrecht für die Vermieter beim Ausbau von Zwei- und Dreifamilienhäusern nicht zum Dauerrecht werden.

Wohneigentum: Die Förderung von Wohneigentum wird ab Januar für Familien günstiger. Das Baukindergeld wird von 1.000 auf 1.500 Mark im Jahr erhöht. Bei selbstgenutzten Neubauten erhalten Bürger außerdem über acht Jahre eine Eigenheimzulage von jährlich bis zu 5.000 Mark. Beim Kauf einer gebrauchten Wohnung sind es bis zu 2.500 Mark jährlich. Die Einkommensgrenze für die Eigenheimzulage liegt bei jährlich 120.000 Mark für Alleinstehende und 240.000 Mark für Verheiratete.

Telefon: Eine Gesprächseinheit kostet künftig 12 statt 23 Pfennig. Bei Ortsgesprächen wird der Zeittakt in der Kernzeit von sechs Minuten auf eineinhalb Minuten verkürzt. Der alte Tag- und Nachttarif entfallen. Dafür gibt es künftig fünf Bereiche.

An Werktagen gilt von neun bis zwölf der teuerste Vormittagstarif. Am billigsten wird Telefonieren zwischen zwei und fünf Uhr im Nachttarif. Dazwischen gelten drei Tarifstufen. Die Entfernungszonen im Inland werden von drei auf vier erweitert. Auslandsgespräche werden billiger.

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