: Alle Jahre wieder kommt ...
■ Der Kanzler hält morgen seine 14.Ansprache zum neuen Jahr. Seine Themen blieben (fast) die gleichen
Am 31.Dezember 1982 hielt Helmut Kohl seine erste Neujahrsansprache als Bundeskanzler. Morgen abend tritt er zum 14. Mal an und keiner weiß, ob es nicht das letztemal ist. Die taz dokumentiert den Wandel der Zeiten.
Wir blicken auf ein Jahr zurück, das einen Wechsel in der Regierungsverantwortung gebracht hat. Daß dieser Wechsel trotz harter politischer Auseinandersetzungen möglich war, beweist die Lebenskraft unserer Demokratie.
Das Jahr 1995 geht seinem Ende zu. Vieles ist gut gelungen, aber nicht alles. Nachdenklich schauen wir zurück, doch die Zukunft gewinnen wir nur mit Zuversicht.
Ihre Sorge sind auch meine Sorgen. Wir können und sollen diese Probleme meistern. Wir dürfen aber nicht in Zukunftsangst verfallen.
Jeder von uns spürt, daß sich tiefgreifend und rasch die Dinge verändern – in der Welt, in Europa und in Deutschland. Alte Gewißheiten müssen überprüft, neue Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit gefunden werden. Das ist nicht einfach. Doch am Umdenken führt kein Weg vorbei!
Die Wiederbelebung unserer Wirtschaft verlangt Zeit und das Opfer aller. Wir müssen die Investitionskraft und unsere Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen. Nur so können wir den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit gewinnen.
Der wirtschaftliche Aufschwung geht weiter. Wahr ist aber auch, daß wir im Bereich der Beschäftigung noch keinen Durchbruch erzielt haben. Unsere Hauptsorge gilt daher dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.
Wichtigstes Ziel unserer Außenpolitik bleibt die Sicherung des Friedens in Freiheit. Wir haben Kontakt mit Moskau aufgenommen. Wir werden über die sowjetische Vorrüstung sprechen.
Nach viereinhalb Jahren Krieg leuchtet endlich das Licht der Hoffnung für die leidgeprüften Menschen im ehemaligen Jugoslawien. Wir alle hoffen, daß aus dem beschlossenen Frieden jetzt ein gelebter Frieden erwächst. Ich grüße an diesem Abend besonders herzlich unsere Soldaten der Bundeswehr. Ihr Einsatz für Bosnien ist wichtig, ist ein Dienst am Frieden.
Die Bundesregierung wird alles daransetzen, die Folgen der Teilung für die Menschen in Deutschland erträglicher zu machen. Wir dürfen nicht zulassen, daß die politische Realität der Teilung die Einheit der Herzen zerstört.
Vor drei Monaten haben wir den 5. Jahrestag der Deutschen Einheit begangen. Wir sind weit gekommen auf dem Weg zur wirtschaftlichen und sozialen Einheit. Aber nicht alle Erwartungen haben sich 1995 erfüllt.
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