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Todesromantik, Geschwisterliebe

■ Heute im „Chagall“: „Room 101“, belesene Grufties aus BHV

„Immer wenn ich Wagner höre, verspüre ich den Drang, in Polen einzumaschieren“, sagte Woody Allen in einem seiner Filme. Das Intro der ersten EP „Fragment“ der Gothic-Band „Room 101“ könnte ähnliche Anwandlungen wecken. Die Bremerhavener stehen auf Pomp. Nach schleichendem Elektronik-Geplänkel setzen mit Wucht orchestrale Tuschs und unheilschwangere Chöre ein, durchzogen von getragenen Melodieansätzen.

Danach allerdings pflegen sie jene industriell anmutende und nicht selten aggressive Düster-Musik, wie sie Grufties gerne zum Tanzen hören: Harte und schnelle Beats, geknödelter Sprechgesang, zwischendurch ein paar schneidende Gitarren und immer wieder längere Breaks, die mit sakralen Orgeln aufgefüllt werden.

„Room 101“, die heute abend in der Diskothek „Chagall“ auftreten, sind Meister im Zitieren. Im CD-Booklet sorgt Fritz Lang für Todesromantik, der Bandname stammt von George Orwell, und zwischen den Songtiteln kommt Gott zu Wort. Überhaupt ist Gott hier eher mit von der Partie als der Teufel. Natürlich ist es ein alttestamentarischer Gott, der die armen irdischen Sünder mit Argusaugen beobachtet und ob ihrer Abgründe mit scharfem Schwert richtet. Und Abgründe gibt es in den Songs eine Menge, schließlich ist der „Room 101“ in Orwells „1984“ der Ort, an dem die Systemabtrünnigen per Folter Einblick in die dunkelsten Winkel ihrer Seele erhalten. Zu den Schauerlichkeiten in den Texten des Sängers Sven Haustedt und Gasttexters Mirco Heinze gehören u. a. Geschwisterliebe und der allgegenwärtige „Mr. Death“, der uns allen seine „best wishes“ schickt.

Gegründet wurde „Room 101“ vor einem guten Jahr als Duo. Zum Gesang spielte Haustedt selbst Gitarre, während Komponist Jörg Abendroth diverse Knöpfe drückte. Inzwischen trat ihnen Gitarrist Michael Tegge bei, damit sich Sven live ganz aufs Singen konzentrieren kann.

A. N.

Chagall, 21 Uhr

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