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Wir sind alle bloß Götter

■ Virgil Armstrong, einst CIA-Mann, heute im Dienste von UFO's und E.T.'s, ist in der Stadt

Kennen Sie Hans Adam von Liechtenstein? Sollten Sie aber. Seine Exzellenz, der Herzog des Kleinstaates, arbeitet gerade an einer Dokumentation extraterrestrischer Phänomene. Deren Existenz läßt sich nicht länger leugnen, das sehen endlich auch die Regierungen ein. Ziehen Sie in Ihrem Terminkalender bei Mai eine Linie. Bis dahin, sagt Virgil Armstrong, der sich in seinem langen Leben für allerhand Arbeitgeber (CIA, State Department, US-Army) verdingt hat, wird Bill Clinton zugeben müssen, daß E.T.'s schon vor der Tür stehen. Gegen Cosmicgate werden Water-, Iran- und erst recht Waterkantgate alt aussehen. Ob der Brisanz seines Wissens wollten die maßgeblichen Stellen Virgil Armstrong, dem erst im 47. seiner 72 Lebensjahre ein spirituelles Erwachen gegönnt war, ans Leder: Drei Mordversuche hat er überlebt, nachdem er 1980 mit der Wahrheit an die Öffentlichkeit ging.

Virgil Armstrong mußte schon sein ganzes Charisma zusammennehmen, um im maroden Vortragssaal im Überseemuseum auch noch die letzte Besucherreihe in Bann zu ziehen. Gegen einen scheppernden Lüfter in ein rückkoppelndes Mikro galt es anzusprechen. Unterbrechung durch Simultanübersetzung nach dem jedem Halbsatz. Aber das kann einen Mann nicht aus der Fassung bringen, der beinharte Thesen vertritt wie diese: „Die Außerirdischen entführen täglich Menschen, auch in Deutschland. Den Frauen entnehmen sie Eier, die sie dann befruchten.“

Armstrong hatte eine Hörerschaft vor sich, die es in sich hatte. Jung und Alt waren da, und manche mußten wieder gehen: ausverkauft. „Vor 15 Jahren konnte man über Esoterik nur hinter vorgehaltener Hand sprechen“, meint eine Dame, die ihre ganze Nachbarschaft gleich mitgebracht hat. „Man muß etwas tun, sonst geht alles den Bach runter“, fürchtet eine andere. Anregungen verspricht sie sich von Virgil Armstrong. „Spüren Sie nicht die Schwingungen im Raum, ich glaube, die kommen von Virgil“, raunt eine reife New Age-Jüngerin mit leuchtendem, wenn nicht erleuchtetem Blick, „oder sträuben Sie sich?“

Nein, richtig gesträubt hat sich niemand im überhitzten Konferenzraum, wo Virgil Armstrong anhand einer Skizze auf der Klapptafel klarmachte, was es mit dem sogenaie Erde anno 2000 oder auch 2011 („genaue Prophezeiungen sind gefährlich“) eintreten wird. Ein Drittel der Erdlinge darf mit („Sie sind auch darunter! Mehr darüber in meinem Workshop.“)

„Alles Nepp“, klagt eine Dame – Frauen sind in der Mehrzahl – in der Pause. Noch habe sie nichts Neues erfahren. Mehr oder weniger tief drin in der spirituellen Szene steckten die meisten im Publikum. „Reinkarnation“, „Rückführung“ (aus einem anderen Leben), „Biophotonenplatte“, mit denen sich durch kosmische Strahlung Dingen und Flüssigkeiten der rechte atomare Spin („wie bei rechtsdrehendem Bioghurt“) verleihen läßt, der zum Wohlbefinden führt, gehört in der Branche zum Standardvokabular. Auch daß eine gewisse Omnec Onec 1955 von der Venus zu uns stieß, ruft in der Runde kein ungläubiges Stirnrunzeln hervor.

Nach der Pause darf mal das Publikum fragen. Über den jüngsten Düsseldorfer Ufo-Kongreß spricht ein junger Spund mit derselben Selbstverständlichkeit wie übers Wetter. Ein Mann ist schon besorgt darübern, wo denn die vier Milliarden Menschen bleiben, die nicht der Erde in den Photonengürtel dürfen. („Das werde ich in meinem Workshop genauer erklären.“) Einer extra aus Kiel angereisten jungen Dame war das alles zu trocken: „Die Deutschen können nicht aus sich heraus. Die kennen doch nur die D-Mark.“ Trotzdem hatte sie dann kein Verlangen, ihremn Sitznachbarn einfach mal zu sagen: „I love you“, was Armstrong nach der Pause vorschlug. Ab 22 Uhr gab Armstrong einem das Gefühl, sich auf der Couch zu befinden oder im Beichtstuhl. „Lernt zu lieben, zu vergeben, hört auf zu urteilen, zu kontrollieren, Angst zu haben!“ schreibt Armstrong mit zwei Farben auf die Tafel. „Warum haben Sie das eine mit Blau, das andere mit Rot geschrieben?“ will jemand wissen. „Das sind die Deutschen, immer analysieren“, schimpft die Kielerin. Die Antwort ist reinster Pragmatismus: „Bei einem Stift hab ich die Kappe nicht abbekommen.“

Astrid Schalm, die Virgil Armstrong nach Bremen geholt hat, glaubt an seine Thesen – und seine Workshops. Obwohl „immer ein paar abspringen.“ Doch mancher hätte schon Lust, tiefer in das Geheimnis des Photonengürtels einzudringen oder wenigstens in das der Biophotonenplatte. Doch die 330 Mark für die zweitägige Veranstaltung will nicht jeder so einfach anlegen. Denen gibt Armstrong noch etwas mit auf den Weg: „You are the Ufo!“ Alexander Musik

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