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Die Europäische Union droht Tudjman

■ Der Präsident Kroatiens soll die ständigen Schießereien in Mostar beenden. Truppenaufmarsch in Zentralbosnien

Wien (taz) – In Zentralbosnien wird wieder gekämpft: Sowohl Kroaten als auch Bosnier haben am Wochenende ungewöhnlich starke Truppenverbände in der zentralbosnischen Region Doboj zusammengezogen. Erste, mehrere Stunden dauernde Gefechtshandlungen wurden aus den Dörfern Ularica und Jalbegovci gemeldet. Diese konnten erst durch das Eingreifen der internationalen Friedenstruppe Ifor beendet werden. Der kroatische Kampfsender „Radio Herceg“ rechtfertigte „den Verteidigungsschlag“ der kroatischen Armee gegenüber den offiziell verbündeten Bosniern damit, „islamische Gotteskrieger“ würden seit langem die kroatische Bevölkerung einschüchtern. Die Gefechte bei Doboj sind neben den ständigen nächtlichen Schießereien in Mostar die zweite große Belastungsprobe für die bosnisch-kroatische Föderation und damit für das Friedensabkommen von Dayton.

Um den Frieden zwischen Kroaten und Muslimen in Bosnien zu erhalten, reisten am Wochenende denn auch gleich zwei Außenminister der Europäischen Union in die von EU-Administrator Hans Koschnick verwaltete Stadt. Dabei fand vor allem die italienische Außenministerin Susanna Agnelli deutliche Worte: Im Namen der EU ermahnte sie den kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman, für einen Abbau der Spannungen in der herzegowinischen Hauptstadt zu sorgen: „Tudjman muß persönlich für das verantwortlich gemacht werden, was in Mostar geschieht. Wir messen dem höchste Bedeutung bei.“ Beide Seiten müßten begreifen, daß auch die Hilfeleistungen etwa Deutschlands und Italiens „an das Verhalten der Bürger von Mostar geknüpft werden“, sagte Agnelli. Sie ließ keinen Zweifel daran, daß sie vor allem die Kroaten für die angespannte Lage verantwortlich macht.

Bundesaußenminister Klaus Kinkel sagte nach seinen Beratungen in Mostar am Sonntag, daß eine internationale Schiedskommission gebildet werden solle, wenn die Spannungen zwischen Kroaten und Muslimen nicht nachließen. Auch er machte vor allem die Kroaten für das Wiederaufflammen der Kämpfe verantwortlich. Mit einem Appell für den Erhalt der Föderation wandte sich Bill Clinton direkt an Franjo Tudjman. Zum Abschluß seines eintägigen Besuchs bei den US-amerikanischen Soldaten der Ifor legte er einen kurzen Zwischenstopp in Zagreb ein. Die beiden Präsidenten vereinbarten, daß US- Vermittler Robert Owen nach Mostar reisen und versuchen soll, den Konflikt zu schlichten.

Unterdessen ist klar, daß der erste Einsatz der in Kroatien stationierten Vorauskräfte der Bundeswehr am heutigen Montag beginnt. Das Bundesverteidigungsministerium bestätigte, daß die in Sibenik stationierten deutschen Transportsoldaten Versorgungsgüter zur spanischen Truppe im Raum Mostar bringen sollen.

Karl Gersuny Seite 8

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