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Bosniens Kriegsparteien sind auseiandergerückt

■ Doch trotz Erfolgen zum Stichtag hat die Friedenstruppe Ifor an Elan verloren

Sarajevo (taz) – „Militärisch läuft alles wie am Schnürchen.“ In der Stimme Mark Raynors, des Sprechers der „Implementation Force“ (Ifor) in Bosnien, schwingt Stolz mit. Heute, am Stichtag D-45, also 45 Tage nach Inkrafttreten des Abkommens von Dayton, sind die unter Nato-Oberkommando operierenden Truppen genau im Zeitplan geblieben. Eine wichtige Zwischenetappe ist erreicht: Die bosnischen Kriegsparteien sind an allen Fronten auseinandergerückt. Und aus bestimmten Gebieten haben sich die Truppen ganz zurückgezogen.

So sind die serbischen Einheiten rund um Sarajevo weiter nach Süden abgerückt, und auch in anderen Gebieten hat sich die serbische Seite den Forderungen des Abkommens gebeugt. So jedenfalls melden es die militärischen Beobachter der Ifor. Selbst in Ostbosnien haben die serbischen Truppen das von ihnen zu räumende Gebiet um Odzak frei gemacht.

Und obwohl beim Rückzug alles mitgenommen wird, was nicht niet- und nagelfest ist und in Odzak die Häuser der dort früher lebenden Kroaten von den sich jetzt zurückziehenden Serben verbrannt werden, nimmt die Ifor den militärischen Rückzug erleichtert auf. „Die Kooperation mit den Kriegsparteien verläuft reibungslos“, sagt Barry Hawgood, Sprecher der britischen Ifor-Truppen.

Doch trotz dieses Erfolges scheint der anfängliche Elan der neuen Friedenstruppe zu schwinden. Als serbische Scharfschützen am Dienstag in Ilidza, einem Vorort Sarajevos, auf Fahrzeuge und auf das dort befindliche Hauptquartier der Ifor schossen, wurde ein Soldat der internationalen Truppe leicht verletzt – doch eine scharfe Reaktion der Ifor blieb aus. Im Stile der ehemaligen UNO- Sprecher versuchen auch die Ifor- Offiziellen, die Zwischenfälle herunterzuspielen. Dabei hatte gerade die anfänglich harte Position der Nato und das kompromißlose Auftreten der US-amerikanischen Truppen Zwischenfälle solcher Art zu verhindern geholfen.

Und auch in bezug auf die versprochene Bewegungsfreiheit für die Bevölkerung sind neue Schwierigkeiten aufgetaucht. So blockten die serbischen Behörden ab, als in den letzten Tagen Hunderte von Frauen aus Srebrenica forderten, zurück in ihre Heimatstadt gebracht zu werden, um Aufschluß über das Schicksal ihrer immer noch vermißten Männer zu erhalten. Die Sprecher der Ifor bekundeten eiligst, solche Probleme lägen außerhalb des eigenen Mandates.

Zwar ist der Auftrag der Ifor darauf beschränkt, den militärischen Rahmen zu schaffen, in dem das Abkommen von Dayton umgesetzt werden kann. Doch mit dem Aufbau der militärischen Macht war es anfänglich gelungen, auch psychologischen Druck auszuüben. Die noch Ende Dezember gestellten Forderungen der serbischen Führung in Pale, die Fristen für den Abzug ihrer Truppen zu verlängern, wurde vom US-amerikanischen Befehlshaber Leighton Smith abgeblockt. Und auch jetzt hätte ein Wink des Oberkommandos genügt, um die Forderungen der Frauen zu erfüllen und die serbischen Kontrollpunkte an den Straßen zu beseitigen.

Ein weiterer Wink würde genügen, Mannschaften bereitzustellen, um die schon entdeckten und vermuteten Massengräber in Ost- und Westbosnien zu bewachen. Jene, die möglicherweise Spuren der Massenmorde verwischen wollen, sollten wissen, daß dies nicht unentdeckt bliebe, forderten in den letzten Tagen Journalisten und Menschenrechtsgruppen.

Dies alles sei nicht Aufgabe der Ifor, sondern die von zivilen Institutionen, kontern Ifor-Mitarbeiter. Die Administration des ehemaligen EU-Vermittlers Carl Bildt in Sarajevo ist in der Tat erst noch im Aufbau und keineswegs auf allen ihr zugewiesenen Feldern tätig.

Immerhin ist es dem Team gelungen, Verhandlungen mit den serbischen Behörden zu führen, um die serbische Bevölkerung zu bewegen, in der Region um Sarajevo zu bleiben. Solange jedoch die 1.500 Polizisten der „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE) nicht vor Ort sind, seien in diesem wie in anderen Fällen keine Sicherheitsgarantien möglich, sagt der Vizeadministrator Michael Steiner. „Die Polizeikräfte der OSZE kommen wahrscheinlich zu spät“, monierte erst kürzlich der leidgeprüfte Administrator von Mostar, Hans Koschnick. Erich Rathfelder

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