Kauft Bremen einen 45-Millionen-Flop?

■ Senat entscheidet morgen Musical-Plan / Wenig Schmeichelhaftes über Buecheler

Entscheidende Szenen in der zähen Posse ums Musical stehen in dieser Woche auf dem Spielplan der Bremer Politik: Am Dienstag soll der Senat entscheiden, ob Bremen den Ausbau des Show-Parks am Richtweg mit 45 Millionen Mark finanziert. Zwei Tage darauf geben die Wirtschaftsförderungsausschüsse ihr Votum ab. Der Hamburger Produzent Frank Buecheler verspricht, im von der Stadt bezahlten Musical-Palast das Singspiel „Dr.Jekyll & Mr. Hyde“ auf die Bühne zu bringen.

So mancher in der Stadt befürchtet nun, daß Bremen eine Mogelpackung erwirbt. Denn aus Hamburg dringen wenig schmeichelhafte Informationen über den 38jährigen Macher der „Buddy Holly-Story“ an die Weser. So berichten Branchenkenner, daß Buecheler entgegen seinen Aussagegen (siehe taz vom 25.1.) noch keineswegs die Rechte an „Dr.Jekyll & Mr. Hyde“ besitze. Buecheler erzähle den amerikanischen Erfindern des Stücks, er habe schon eine Spielstätte. Den Bremern mache er vor, daß er die Rechte besäße und die Geldgebern mache er glauben, daß alles unter Dach und Fach sei.

Kulturpolitiker in Bremen wissen offenbar fast nichts über Buecheler und sein Projekt. Merkwürdig nur, daß die Kulturbehörde offenbar trotzdem 1,62 Millionen Mark für Musical und Marketing auszugeben gedenkt. Diese Summe findet sich zumindest unter „Verschiedenes“ auf einer internen Liste, auf der die Verteilung der 9,5-Mio.-WAP-Mittel verzeichnet ist, die der Kultur aus dem Wirtschaftsressort zufließen. Die einzigen Bremer, die offenbar Näheres über Buecheler wissen, sitzen in der Wirtschaftsbehörde und in der Hanseatischen Veranstaltungs GmBH (HVG). Warum ausgerechnet Buecheler der Mann sein soll, der die Musical-Touristen nach Bremen zieht, bleibt wohl ihr Geheimnis.

Daß Musical inzwischen kein Selbstläufer mehr ist, und man sich deshalb die Macher genau anschauen sollte, zeigen neue Meldungen aus Berlin: Friedrich Kurz, schon mit „Marlene“ in Berlin gescheitert und einst auch in Bremen als Musical-Macher hofiert, soll wegen Mietschulden seines „Shakespeare & Rock'n'Roll“ aus seiner Spielstätte herausgeklagt werden. Träte dieser Fall auch in Bremen ein, säße die landeseigene Hibeg als Pächterin des „Show-Park“ mit den Verlusten da, während Buecheler seine Musical-Gesellschaft im Kurz-Stil pleite gehen lassen und anderswo weiterspielen könnte.

Unwahrscheinlich? Die „Buddy-Holly“-Produktion, auf das der ehemalige Operetten-Regisseur am Hildesheimer Theater seine Reputation stützt, ist unter den deutschen Musicals nicht gerade der Renner. Das liegt sicher nicht nur an den „Gegnern, die Buecheler in der Hamburger Journalistenszene“ habe, wie HVG-Chef Michael Göbel seinen Kandidaten schon im September in Schutz nahm.

Auch die einer Verwicklung im Hamburger Klüngel unverdächtige FAZ hatte nach der Buddy-Premiere im Dezember 1994 nur Spott übrig: „klischeetriefende Sprechblasen“, „zahme Tanzrituale“, „leiernde Rock-Oldies“. Kein Wunder, daß das Volk nicht gerade in Massen ins Zelt im Hamburger Hafen eilt. Wie es heißt, hätten die Geldgeber, um ihre Einlagen zu retten, Buecheler und einige seiner Mitarbeiter nach hohen Anfangsverlusten vor vier Monaten aus der Buddy-Produktion herausgekantet. Die Inszenierung sei überarbeitet worden. Buechelers Team für Bremen bestehe aus diesen Ex-Buddy-Holly-Leuten, so ein Branchenkenner.

Buecheler selbst erklärt sein Ausscheiden damit, daß er sich neuen Aufgaben zuwenden kann, seit Buddy sicher auf Kurs liege. Sicherlich ist aber nicht das eingetreten, was Buecheler vor dem Buddy-Start im FAZ-Wirtschaftsteil vollmundig als geschäftliche Ziele verkündet hatte: Eine Auslastung von 90 Prozent werde die Investitionen von 20 Millionen Mark innerhalb eines Jahres wieder einspielen. Inzwischen hat die Produktion bald das Doppelte verschlungen, heißt es aus Hamburg, und schreibe noch immer zumindest „hellrote“ Zahlen. jof